Asyl auf Zeit (PA 03.11.2015)
asylkoordination zeigt sich bestürzt über Entwurf zur Verschärfung des Asylgesetzes

"Flüchtlingsrechte einzuschränken ist keine adäquate Antwort auf die aktuellen Herausforderungen," kritisiert Anny Knapp, Obfrau der asylkoordination österreich die Vorschläge der Regierung zur Verschärfung des Asylrechts. Die vorgesehene zeitliche Befristung des Asylstatus wird Flüchtlinge nicht davon abhalten, Schutz auch in Österreich zu suchen. Sie wird jedoch den Integrationsprozess negativ beeinflussen.
Die Integrationsbemühungen werden durch ein längerfristiges ungesichertes Aufenthaltsrecht beeinträchtigt, die Schwierigkeiten, mit denen anerkannte Flüchtlinge konfrontiert sind, werden größer werden. Die asylkoordination rechnet damit, dass Benachteiligungen am Wohnungsmarkt und am Arbeitsmarkt massiv zunehmen werden. Zu bedenken ist, dass diese Phase der Unsicherheit nicht nur die nun geplanten drei Jahre nach Zuerkennung des Asylstatus dauern wird: Mit zunehmender Verfahrensdauer werden Flüchtlinge viele Jahre in Unsicherheit gehalten und beim Aufbau eines neuen Lebens in Österreich behindert. Schon jetzt warten etliche Flüchtlinge monatelang auf einen Einvernahmetermin beim Bundesamt.
Wie die Asylbehörde, die seit ihrer Einführung 2014 wegen unzureichender Personalressourcen nur eingeschränkt arbeitsfähig ist, neben der stark gestiegenen Anzahl an neuen Asylanträgen die zusätzliche Überprüfung von etlichen Tausend Statusentscheidungen nach drei Jahren bewältigen soll, wird im Gesetzesentwurf nicht erklärt. Wie unsinnig die geplante Gesetzesverschärfung ist zeigen diesbezügliche Erfahrungen in Deutschland: hier wurde heuer die automatische Überprüfung nach drei Jahren abgeschafft, weil sich das befristete Asyl als ineffizient erwiesen hat.
Auch die zweite Gesetzesverschärfung wird sich als Bumerang erweisen. „Die Regierung sollte die Ergebnisse der UNHCR-Studie, die herausarbeitet, wie wichtig die Familie für die Integration von Flüchtlingen ist, nicht ignorieren,“ mahnt Anny Knapp. Die Hürden für die Familienangehörigen, die als Ehepartner oder minderjährige Kinder nachkommen können, werden so hoch gelegt, dass Flüchtlingsfamilien auf Dauer getrennten sein werden. Um das zu vermeiden, müssten die Angehörigen binnen drei Monaten nach der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus den Visumsantrag samt allen Dokumenten bei der österreichischen Botschaft außerhalb des Herkunftsstaates einreichen. Viele Flüchtlingsfamilien werden nicht im Stande sein, Reisepässe, Geburts- oder Heiratsurkunden in dieser kurzen Zeit zu beschaffen, einen Termin bei der Botschaft zu organisieren und die Anreise zu organisieren. Nach Ablauf der dreimonatigen Frist werden Flüchtlinge, deren Einkommen nicht ausreicht und deren Wohnung zu klein ist, ihr Recht auf Familienleben vergessen können. Frauen und Kinder aus Syrien werden von dieser Verschärfung beim Familiennachzug besonders betroffen sein, sie werden anstatt auf legalem Weg vermehrt auf illegale und gefährliche Möglichkeiten der Flucht zu ihren Angehörigen angewiesen sein.
Kein demokratisches Aushängeschild ist der Plan, die Gesetzesverschärfungen bereits ab Mitte November ohne Begutachtungsverfahren in Kraft zu setzen. Anstatt Schnellschüsse abzugeben, die Österreich für Flüchtlinge unattraktiv machen sollen, wäre es sinnvoller, Integrationsmaßnahmen auszubauen und sich für bessere Aufnahme- und Integrationsstrukturen in anderen EU-Staaten einzusetzen.
 
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