Erste Abschiebung nach Syrien

"Das BFA hat nunmehr für 23.06.2023 einen begleiteten Abschiebeflug organisiert." Aus Verhandlungsprotokoll übersetzt: Heute soll seit Jahren erste Abschiebung eines Syrers eines Syrers von Österreich nach Syrien durchgeführt werden. Ein trotz EGMR-Sanktus höchst umstrittener PR-Coup. #asylfakt96
Lukas Gahleitner-Gertz
Syrien: Regimewechsel 2024, IS-Terroranschlag in Damaskus gestern, Machthaber ist eine islamistische Miliz, die als Terrororganisation geführt wird. Wegen der äußerst volatilen Sicherheits- und Versorgungslage wurden Asylverfahren von Syrern in Österreich ausgesetzt. Grund: keine belastbaren Länderinfos.
Trotz nicht belastbarer Länderinfos wurde im konkreten Fall – offenkundig wegen Straffälligkeit – bereits im April 2025 eine Rückkehrentscheidung vom BFA erlassen.
Länderinfos von Mai 2025: nach wie vor "keine ausreichenden Informationen".
Obwohl syrische Asylverfahren ausgesetzt sind, wurde im gegenständlichen Fall eine Entscheidung, die unbekämpft blieb, erlassen. In einer Hauruck-Aktion – während Nahost an der Kippe steht – soll die Abschiebung sofort durchgesetzt werden. Ein Schelm, wer denkt, das hängt mit Karners Besuch in Damaskus zusammen.
Was der konkrete Fall zumindest zeigt: Der Brief von Bundeskanzler Stocker und anderen Regierungschefs mit Kritik am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist substanzlos und kontrafaktisch. Der EGMR hat von Erlassung einer Vorläufigen Maßnahme, die die Abschiebung verhindert hätte, explizit abgesehen.
Ich halte die Entscheidung des EGMR, dessen Rechtsprechung in den letzten Jahren keineswegs als "flüchtlingsfreundlich" bezeichnet werden kann, in diesem Fall für falsch. Es zeigt aber zumindest klar auf, dass grundsätzliche Angriffe auf den EGMR schlicht nicht nachvollziehbar sind.
Diese Angriffe gehören mittlerweile zum guten Ton bei der ÖVP, in Meinungskolumnen und bei Universitätsvertreter:innen, die im Auftragsverhältnis zu Innenministerien stehen. Der EGMR hingegen muss sich Frage gefallen lassen, ob er dem öffentlichen Druck gewachsen ist.
Dass der betroffenen Person in Syrien unmenschliche Behandlung oder gar Folter droht, kann jetzt auf Basis der vorliegenden Infos nicht seriös ausgeschlossen werden. Auch wenn die Entscheidung rechtlich durchsetzbar ist: Die Unberechenbarkeit der Situation sollte mehr wiegen als ein möglicher PR-Coup.
Absolut geltende Menschenrechte sind kein Preis bei einem Schönheitswettbewerb. Sie kommen jedem Menschen zu. Das kann mitunter fordernd sein. Diesen Grundsatz aufzugeben, wäre aber brandgefährlich.
Zum #asylfakt96 auf Bluesky
Weiterlesen bei der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung:
Trotz katastrophaler Sicherheitslage und inmitten eskalierender militärischer Auseinandersetzungen in der Region: Österreich versucht erstmalig Abschiebung nach Syrien

Trotz nicht belastbarer Länderinfos wurde im konkreten Fall – offenkundig wegen Straffälligkeit – bereits im April 2025 eine Rückkehrentscheidung vom BFA erlassen.
Länderinfos von Mai 2025: nach wie vor "keine ausreichenden Informationen".
![Auszug aus dem aktuellen Länderinformationsblatt zu Syrien:
Folter und unmenschliche Behandlung, Haftbedinungen, willkürliche Verhaftungen, Verschwinden Lassen, etc. - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Letzte Änderung 2025-05-08 22:36
Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (8.12.2024)
[Derzeit liegen keine ausreichenden Informationen zum Thema Folter bzw. unmenschliche Behandlung der aktuellen syrischen Regierung vor. Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social-Media Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden.
Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]
Vor dem Sturz des Assad-Regimes am 8.12.2024 berichteten die UN über Folter und Hinrichtungen von Gefangenen, die von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) im Nordwesten festgehalten werden. Sie und einige Fraktionen der Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army -SNA) im Norden wenden in ihren Haftanstalten dieselben brutalen Foltermethoden an wie die Regierung (OHCHR 3.2.2025) Auszug aus dem aktuellen Länderinformationsblatt zu Syrien: Folter und unmenschliche Behandlung, Haftbedinungen, willkürliche Verhaftungen, Verschwinden Lassen, etc. - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) Letzte Änderung 2025-05-08 22:36 Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (8.12.2024) [Derzeit liegen keine ausreichenden Informationen zum Thema Folter bzw. unmenschliche Behandlung der aktuellen syrischen Regierung vor. Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social-Media Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.] Vor dem Sturz des Assad-Regimes am 8.12.2024 berichteten die UN über Folter und Hinrichtungen von Gefangenen, die von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) im Nordwesten festgehalten werden. Sie und einige Fraktionen der Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army -SNA) im Norden wenden in ihren Haftanstalten dieselben brutalen Foltermethoden an wie die Regierung (OHCHR 3.2.2025)](/files/uploads/888/lib_2.jpg)
Obwohl syrische Asylverfahren ausgesetzt sind, wurde im gegenständlichen Fall eine Entscheidung, die unbekämpft blieb, erlassen. In einer Hauruck-Aktion – während Nahost an der Kippe steht – soll die Abschiebung sofort durchgesetzt werden. Ein Schelm, wer denkt, das hängt mit Karners Besuch in Damaskus zusammen.

Was der konkrete Fall zumindest zeigt: Der Brief von Bundeskanzler Stocker und anderen Regierungschefs mit Kritik am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist substanzlos und kontrafaktisch. Der EGMR hat von Erlassung einer Vorläufigen Maßnahme, die die Abschiebung verhindert hätte, explizit abgesehen.
Ich halte die Entscheidung des EGMR, dessen Rechtsprechung in den letzten Jahren keineswegs als "flüchtlingsfreundlich" bezeichnet werden kann, in diesem Fall für falsch. Es zeigt aber zumindest klar auf, dass grundsätzliche Angriffe auf den EGMR schlicht nicht nachvollziehbar sind.
Diese Angriffe gehören mittlerweile zum guten Ton bei der ÖVP, in Meinungskolumnen und bei Universitätsvertreter:innen, die im Auftragsverhältnis zu Innenministerien stehen. Der EGMR hingegen muss sich Frage gefallen lassen, ob er dem öffentlichen Druck gewachsen ist.
Dass der betroffenen Person in Syrien unmenschliche Behandlung oder gar Folter droht, kann jetzt auf Basis der vorliegenden Infos nicht seriös ausgeschlossen werden. Auch wenn die Entscheidung rechtlich durchsetzbar ist: Die Unberechenbarkeit der Situation sollte mehr wiegen als ein möglicher PR-Coup.
Absolut geltende Menschenrechte sind kein Preis bei einem Schönheitswettbewerb. Sie kommen jedem Menschen zu. Das kann mitunter fordernd sein. Diesen Grundsatz aufzugeben, wäre aber brandgefährlich.
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Trotz katastrophaler Sicherheitslage und inmitten eskalierender militärischer Auseinandersetzungen in der Region: Österreich versucht erstmalig Abschiebung nach Syrien
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