Home | Wir informieren | Kompakt | Kinderflüchtlinge | Kindeswohl
16.6.2024

Kindeswohl

Etwa ein Drittel aller Asylanträge in Österreich wird von Kindern gestellt. Sie gliedern sich in Anträge durch Kinder, die ohne ihre Eltern nach Österreich flüchten und jene, die in einem familiären Kontext nach Österreich kommen oder im Inland geboren werden. Bei begleiteten Kindern kann man noch zwischen jenen Kindern unterscheiden, die gemeinsam mit den Eltern (oder zumindest einem Elternteil) geflüchtet sind, und jenen, die im Rahmen der Familienzusammenführung zu einer Bezugsperson in Österreich nachziehen. Eine zentrale Rolle für Kinder und ihre Familien in Asyl- bzw. Bleiberechtsverfahren spielt der Begriff des Kindeswohls.
Katharina Glawischnig

Was ist das Kindeswohl?


Das Kindeswohl ist ein Begriff, der sich nicht aus dem Asylkontext entwickelt hat, sondern aus dem Zivilrecht, genauer genommen dem Familienrecht.

Aus der UN Kinderrechtekonvention in die österreichische Verfassung übernommen, findet sich das Kindeswohl im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern in Artikel 1:
 
"Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein."

§ 138 ABGB (dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch) findet sich Kriterien für die Beurteilung des Kindeswohls im Bereich der Personenrechte, genauer genommen den Rechten zwischen Eltern und Kindern.
 
"In allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten, insbesondere der Obsorge und der persönlichen Kontakte, ist das Wohl des Kindes (Kindeswohl) als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. Wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls sind insbesondere
 
1.    eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes;
2.    die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes;
3.    die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern;
4.    die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes;
5.    die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung;
6.    die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte;
7.    die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben;
 8.    die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen
9.    verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen;
10.    die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes;
11.    die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie
12.    die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung."



Das Kindeswohl in den Asylgesetzen


In den Asylgesetzen, sowohl auf EU-Ebene als auch in den nationalen Gesetzen wird wenig auf das Kindeswohl und die vorrangige Orientierung daran verwiesen. Die allgemeine Verpflichtung zur vorrangigen Berücksichtigung des Kindeswohls und der Kinderrechte in asyl- und fremdenrechtlichen Entscheidungen ist daher die Auslegung verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben, die durch Rechtsanwender:innen zu beachten sind.
Eine hier wesentliche allgemeine Verfahrensbestimmung ist § 9 BFA-VG. Ob aufenthaltsbeendende Maßnahmen zulässig sind, ist am Maßstab des Artikel 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) zu prüfen. Auch wenn § 9 Abs 2 BFA-VG das Kindeswohl nicht ausdrücklich nennt, so sind die Kriterien die durch Judikatur des EGMR und des VfGH entwickelt wurden, zu berücksichtigen und hier werden die Rechte der Kinder und das Kindeswohl regelmäßig als Kriterium, welches bei der Interessenabwägung zu berücksichtigt ist, genannt.



Das Kindeswohl in der Grundversorgung


Neben dem Asylverfahren betrifft der Begriff des Kindeswohls auch alle anderen Lebensbereich von geflüchteten Kindern. Die Unterbringung und Versorgung von Familien mit Kindern sind in jedem Bundesland unterschiedlich ausgestaltet. Bei der Auswahl der Quartiere sollte auf die räumliche Ausstattung, einen eigenen Wohnbereich, die Anbindung zu Kindergarten und Schule sowie die ärztliche Versorgung geachtet werden. Bundesweit einheitliche, verbindliche, kinderspezifische Qualitätskriterien oder Standards gibt es aktuell jedoch noch nicht.



Monitoring und Öffentlichkeitsarbeit


Um die Thematik und Entwicklungen des Kindeswohls im Asylbereich zu beobachten und Fachwissen aktuell zu halten, stellt sich die asylkoordination österreich als Monitoringstelle zur Verfügung und betreibt Öffentlichkeitsarbeit zur Thematik. Das bedeutet, wir betreiben:
  • Sichtung von uns gemeldeten Fällen in Hinblick auf die Beachtung des Kindeswohls (z.B. Beachtung der Anwesenheit von Kindern in Einvernahmesituation, Berücksichtigung der Schutzinteressen der Kinder) und etwaige Hilfestellung durch Bereitstellung von Fachwissen.
  • Judikaturmonitoring
  • Österreichweit Austausch mit Stellen bzw. Mitarbeiter:innen, die Geflüchtete betreuen




 

Das Kindeswohlmonitoring ist Teil eines geförderten Projektes vom:



 

Kontakt und Information

Bild Katharina Glawischnig mit Link zur Seite von Katharina GlawischnigKatharina Glawischnig
T 01 53 212 91 - 23
glawischnig@asyl.at











Jetzt spenden Button
Zeit Spenden Button
Newsletter abonnieren Button
asyl aktuella abonnieren button
  
 
Laufzeit: 0.842... Sekunden!