Obsorge bei Fluchtwaisen
Eltern haben Rechte und Pflichten gegenüber ihren minderjährigen Kindern – im juristischen Fachbegriff sprechen wir von Obsorge. Obsorge umfasst Fragen der Erziehung ebenso wie die gesetzliche Vertretung oder die Verwaltung von Vermögen. Was aber, wenn die Eltern nicht verfügbar sind?
Lisa Wolfsegger
Wenn Minderjährige sich ohne Obsorgeberechtigte in Österreich aufhalten oder Eltern aus anderen Gründen die Obsorge nicht ausüben können, sollte die Obsorge Verwandten oder anderen besonders geeigneten Personen gerichtlich übertragen werden. Stehen solche nicht zur Verfügung, so überträgt das Pflegschaftsgericht die Obsorge dem zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger. Zuständig ist das Bezirksgericht am Wohnort des/der Minderjährigen.
Denkt man an Fluchtwaisen, so wird schnell klar, dass die Eltern dieser Kinder nur schwer in der Lage sein können, vom Herkunftsland aus alle ihre Rechte und Pflichten zu erfüllen. Da sie eben ohne Eltern und in der Regel ohne geeignete Verwandte nach Österreich kommen und daher über keine Obsorgeberechtigten in Österreich verfügen, wird die Obsorge von der Kinder- und Jugendhilfe übernommen – dies geschieht zumeist erst nach der Zulassung zum Asylverfahren.
In der Regel stellt die Kinder- und Jugendhilfe einen Antrag auf Übertragung der Obsorge, welchem das jeweilige Bezirksgericht im Normalfall nachkommt. Aber auch ohne Obsorgeübertragung von einem Gericht ist die zuständige Kinder- und Jugendhilfe für das Kind verantwortlich.
Laut UN-Kinderrechtskonvention (KRK) sollten Kinder von Anfang an, also ab ihrer Ankunft oder Identifizierung als UMF, Obsorgeberechtigte haben. Während des Zulassungsverfahrens wird dem allerdings nur hinsichtlich der Rechtsvertretung im Asylverfahren nachgekommen. Nur in Einzelfällen übernimmt die zuständige Kinder- und Jugendhilfe auch die anderen Aspekte der Obsorge. Während des Aufenthalts in der Bundesbetreuung (z. B. in den Lagern Traiskirchen oder Reichenau/Rax) haben UMF also keine Obsorgeberechtigte.
Sobald die Obsorge übertragen ist, übernimmt die Kinder- und Jugendhilfe alle Aufgaben von Obsorgeberechtigten. Obsorge umfasst immer drei Bereiche: Pflege und Erziehung (§ 160 ff ABGB), Vermögensverwaltung (§§ 164 ff ABGB) und schließlich die rechtliche Vertretung (§§ 167 ff ABGB), die im Asylverfahren besonders wichtig ist. Die Kinder- und Jugendhilfe (in Wien die MA11) kann einen oder mehrere Bereiche der Obsorge an andere geeignete Betreuungseinrichtungen (z. B. von NGOs) übertragen.
Pflege und Erziehung bedeutet die tatsächliche Betreuung und Beaufsichtigung des Kindes und die Vertretung gegenüber Dritten. Unter Pflege und Erziehung fallen etwa Unterbringung, Verköstigung, Beaufsichtigung und das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Das heißt, die obsorgeberechtigte Person bestimmt den Wohnort des Kindes und entscheidet, wann, wo und wie lange er/sie sich (alleine) aufhalten darf, wobei hier bei Fluchtwaisen asyl- bzw. grundversorgungsrechtliche Einschränkungen hinzukommen. Das Ausmaß der Aufenthaltsbestimmung ist vom Alter und der Reife des Kindes abhängig.
Die Pflege und Erziehung als ein Teil der Obsorge wird bei Fluchtwaisen in der Regel von der Kinder- und Jugendhilfe an Betreuungseinrichtungen (oft von NGOs geführt) übertragen. Die Kinder- und Jugendhilfe hat aber weiterhin die Obsorge inne und daher sind relevante Ereignisse umgehend der Kinder- und Jugendhilfe zu melden.
Die mit diesem Teil der Obsorge ausgestattete Einrichtung muss eine altersadäquate Tagesstruktur bieten und Angebote in den Bereichen Bildung, Sport und Freizeit bereitstellen. Hierbei muss die/der Obsorgeberechtigte das körperliche, geistige und seelische Wohl und vor allem die Gesundheit des Kindes sicherstellen, das Kind nach Fähigkeiten und Neigungen fördern und dabei die Entwicklung und das Urteilsvermögen berücksichtigen. Die/Der Obsorgeberechtigte trägt Verantwortung für die Ausbildung in Schule und Beruf. Erziehung hat also eine große Bandbreite, umfasst beispielsweise die Schulwahl, aber auch die Vermittlung von Regeln und jeder Art lebenspraktischer Kompetenzen.
Unter gesetzlicher Vertretung versteht man allgemein die Berechtigung und Verpflichtung, im Namen des Kindes „nach außen hin“ – also im Verhältnis zu anderen Personen – wirksame Rechtshandlungen vorzunehmen. Unter die gesetzliche Vertretung fällt beispielsweise die Vertretung des Kindes vor Behörden, der Abschluss eines Vertrags oder die Zustimmung zu einer Operation.
Bei Fluchtwaisen kommt zusätzlich die Vertretung im Asylverfahren hinzu. Im Zulassungsverfahren gibt es bei Fluchtwaisen noch keine obsorgeberechtigte Person oder Stelle. Fluchtwaisen bekommen Rechtsberater:innen zur Seite gestellt, die die gesetzliche Vertretung der Minderjährigen bis zum Ende des Zulassungsverfahrens übernehmen. Die Rechtsberater:innen haben die rechtliche Vertretung allerdings nur rund um das Asylverfahren, ansonsten dürfen sie keine rechtliche Vertretung übernehmen.
Werden die Fluchtwaisen zum inhaltlichen Asylverfahren zugelassen, obliegt die rechtliche Vertretung den Obsorgeberechtigten, in der Regel der Kinder- und Jugendhilfe. In manchen anderen Bundesländern wird diese Aufgabe an NGOs ausgelagert.
Die Rechtsvertreter:innen sind bei jeder Befragung der Fluchtwaisen anwesend. War dies zum Beispiel bei der Erstbefragung nicht der Fall, kann verlangt werden, dass diese im Beisein einer Rechtsvertreterin oder eines Rechtsvertreters wiederholt wird.
Gerade Fluchtwaisen benötigen umfassende Rechtsvertretung, um im Sinne des Kindeswohls ein faires Verfahren zu gewährleisten. Dies beinhaltet in der Regel:
In den anderen Bundesländern wird die Rechtsvertretung an Dritte (NGOs) ausgelagert. Im Burgenland, der Steiermark, Vorarlberg und Kärnten überträgt die Kinder- und Jugendhilfe die gesetzliche Vertretung zumeist der Diakonie oder der Caritas, in Oberösterreich und Salzburg wird die gesetzliche Vertretung gemeinsam mit der Pflege und Erziehung an die betreuenden Einrichtungen übertragen, die dann eigene Rechtsberater:innen engagieren. Auch im Asylrecht spezialisierte Anwält:innen werden von der Kinder- und Jugendhilfe bzw. den zuständigen NGOs in manchen Fällen hinzugezogen.
Obsorgeberechtigte haben die Pflicht, das Vermögen (z. B. Erspartes oder Erbe) des ihnen anvertrauten Kindes zu verwalten, zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren. Die Vorschriften über die Vermögensverwaltung sind nur dann relevant, wenn ein nennenswertes Vermögen des Kindes bzw. minderjährigen Jugendlichen vorhanden ist. Da Fluchtwaisen in der Regel über kein solches Vermögen verfügen, ist dieser Teil der Obsorge bei minderjährigen Geflüchteten zumeist nicht besonders relevant.
Nach wie vor gibt es große Defizite in der Regelung der Obsorge für Fluchtwaisen, obwohl in den letzten fünzehn Jahren wesentliche Fortschritte in diesem Bereich erzielt werden konnten. Bis zum Jahr 2005 wurde nämlich in Österreich die Obsorgepflicht bei Fluchtwaisen überhaupt nicht (als Problem) wahrgenommen. Es gelang den NGOs im Flüchtlingsbereich trotz jahrelanger Lobbyarbeit nur selten, die Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe davon zu überzeugen, dass sie verpflichtet sind, die Regelung der Obsorge von Fluchtwaisen bei Gericht zu beantragen.
Am 19.10.2005 erklärte der Oberste Gerichtshof (7Ob209/05v), dass Fluchtwaisen eine obsorgeberechtigte Person oder Stelle zur Seite zu stellen ist. Heute wird der überwiegenden Mehrzahl der Fluchtwaisen nach der Zulassung zum Asylverfahren ein:e Obsorgeberechtigte:r zur Seite gestellt. Die Entscheidung besagt aber auch, dass erst ab dem sogenannten „gewöhnlichen Aufenthalt“ eines Kindes in Österreich die Übertragung der Obsorge notwendig sei. Allerdings wird dieser „gewöhnliche Aufenthalt“ von den Gerichten im Allgemeinen erst ab einer Aufenthaltsdauer von ungefähr sechs Monaten und der weitgehenden Integration des Kindes angenommen. Das führt dazu, dass besonders während des Zulassungsverfahrens die Obsorge weiterhin ungeklärt bleibt. Die Forderung der NGOs und der Kinder- und Jugendanwaltschaften nach einer „Obsorge ab dem ersten Tag“ wartet immer noch auf ihre Durchsetzung.
Auch nach dem Zulassungsverfahren werden in der täglichen Praxis die Verpflichtungen der Obsorge oft nur unzureichend wahrgenommen. Oft kennen Kinder oder minderjährige Jugendliche die für sie obsorgeberechtigte Person nicht einmal persönlich. Es gibt allerdings auch positive Beispiele, wo sich die Verantwortlichen sehr eingehend mit den minderjährigen Flüchtlingen auseinandersetzen.
Um für ein eine Gleichberechtigung aller Kinder einzutreten, haben sich über 40 Organisationen zur Kampagne KIND ist KIND zusammengeschlossen.
Die Kampagne KIND ist KIND fordert die Obsorge ab Tag 1.
Denkt man an Fluchtwaisen, so wird schnell klar, dass die Eltern dieser Kinder nur schwer in der Lage sein können, vom Herkunftsland aus alle ihre Rechte und Pflichten zu erfüllen. Da sie eben ohne Eltern und in der Regel ohne geeignete Verwandte nach Österreich kommen und daher über keine Obsorgeberechtigten in Österreich verfügen, wird die Obsorge von der Kinder- und Jugendhilfe übernommen – dies geschieht zumeist erst nach der Zulassung zum Asylverfahren.
In der Regel stellt die Kinder- und Jugendhilfe einen Antrag auf Übertragung der Obsorge, welchem das jeweilige Bezirksgericht im Normalfall nachkommt. Aber auch ohne Obsorgeübertragung von einem Gericht ist die zuständige Kinder- und Jugendhilfe für das Kind verantwortlich.
Laut UN-Kinderrechtskonvention (KRK) sollten Kinder von Anfang an, also ab ihrer Ankunft oder Identifizierung als UMF, Obsorgeberechtigte haben. Während des Zulassungsverfahrens wird dem allerdings nur hinsichtlich der Rechtsvertretung im Asylverfahren nachgekommen. Nur in Einzelfällen übernimmt die zuständige Kinder- und Jugendhilfe auch die anderen Aspekte der Obsorge. Während des Aufenthalts in der Bundesbetreuung (z. B. in den Lagern Traiskirchen oder Reichenau/Rax) haben UMF also keine Obsorgeberechtigte.
Sobald die Obsorge übertragen ist, übernimmt die Kinder- und Jugendhilfe alle Aufgaben von Obsorgeberechtigten. Obsorge umfasst immer drei Bereiche: Pflege und Erziehung (§ 160 ff ABGB), Vermögensverwaltung (§§ 164 ff ABGB) und schließlich die rechtliche Vertretung (§§ 167 ff ABGB), die im Asylverfahren besonders wichtig ist. Die Kinder- und Jugendhilfe (in Wien die MA11) kann einen oder mehrere Bereiche der Obsorge an andere geeignete Betreuungseinrichtungen (z. B. von NGOs) übertragen.
Pflege und Erziehung
Pflege und Erziehung bedeutet die tatsächliche Betreuung und Beaufsichtigung des Kindes und die Vertretung gegenüber Dritten. Unter Pflege und Erziehung fallen etwa Unterbringung, Verköstigung, Beaufsichtigung und das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Das heißt, die obsorgeberechtigte Person bestimmt den Wohnort des Kindes und entscheidet, wann, wo und wie lange er/sie sich (alleine) aufhalten darf, wobei hier bei Fluchtwaisen asyl- bzw. grundversorgungsrechtliche Einschränkungen hinzukommen. Das Ausmaß der Aufenthaltsbestimmung ist vom Alter und der Reife des Kindes abhängig.
Die Pflege und Erziehung als ein Teil der Obsorge wird bei Fluchtwaisen in der Regel von der Kinder- und Jugendhilfe an Betreuungseinrichtungen (oft von NGOs geführt) übertragen. Die Kinder- und Jugendhilfe hat aber weiterhin die Obsorge inne und daher sind relevante Ereignisse umgehend der Kinder- und Jugendhilfe zu melden.
Die mit diesem Teil der Obsorge ausgestattete Einrichtung muss eine altersadäquate Tagesstruktur bieten und Angebote in den Bereichen Bildung, Sport und Freizeit bereitstellen. Hierbei muss die/der Obsorgeberechtigte das körperliche, geistige und seelische Wohl und vor allem die Gesundheit des Kindes sicherstellen, das Kind nach Fähigkeiten und Neigungen fördern und dabei die Entwicklung und das Urteilsvermögen berücksichtigen. Die/Der Obsorgeberechtigte trägt Verantwortung für die Ausbildung in Schule und Beruf. Erziehung hat also eine große Bandbreite, umfasst beispielsweise die Schulwahl, aber auch die Vermittlung von Regeln und jeder Art lebenspraktischer Kompetenzen.
Gesetzliche Vertretung
Unter gesetzlicher Vertretung versteht man allgemein die Berechtigung und Verpflichtung, im Namen des Kindes „nach außen hin“ – also im Verhältnis zu anderen Personen – wirksame Rechtshandlungen vorzunehmen. Unter die gesetzliche Vertretung fällt beispielsweise die Vertretung des Kindes vor Behörden, der Abschluss eines Vertrags oder die Zustimmung zu einer Operation.
Bei Fluchtwaisen kommt zusätzlich die Vertretung im Asylverfahren hinzu. Im Zulassungsverfahren gibt es bei Fluchtwaisen noch keine obsorgeberechtigte Person oder Stelle. Fluchtwaisen bekommen Rechtsberater:innen zur Seite gestellt, die die gesetzliche Vertretung der Minderjährigen bis zum Ende des Zulassungsverfahrens übernehmen. Die Rechtsberater:innen haben die rechtliche Vertretung allerdings nur rund um das Asylverfahren, ansonsten dürfen sie keine rechtliche Vertretung übernehmen.
Werden die Fluchtwaisen zum inhaltlichen Asylverfahren zugelassen, obliegt die rechtliche Vertretung den Obsorgeberechtigten, in der Regel der Kinder- und Jugendhilfe. In manchen anderen Bundesländern wird diese Aufgabe an NGOs ausgelagert.
Die Rechtsvertreter:innen sind bei jeder Befragung der Fluchtwaisen anwesend. War dies zum Beispiel bei der Erstbefragung nicht der Fall, kann verlangt werden, dass diese im Beisein einer Rechtsvertreterin oder eines Rechtsvertreters wiederholt wird.
Gerade Fluchtwaisen benötigen umfassende Rechtsvertretung, um im Sinne des Kindeswohls ein faires Verfahren zu gewährleisten. Dies beinhaltet in der Regel:
- Aufklärung über den Inhalt und Ablauf des Asylverfahrens und Perspektivenabklärung
- Vorbereitungs- und Nachbereitungsgespräche zu Einvernahmen am Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA)
- Begleitungen zur Einvernahme am BFA
- Einbringen von Stellungnahmen und Beweisanträgen sowie Unterstützung bei der Beschaffung von Beweismitteln
- „Übersetzungen“ von Bescheiden für die Kinder und Jugendlichen und Erörterung der Konsequenzen
- Beschwerdeführung, Vorbereitungs- und Nachbereitungsgespräche zur Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sowie
- die Begleitung zur Verhandlung beim BVwG.
In den anderen Bundesländern wird die Rechtsvertretung an Dritte (NGOs) ausgelagert. Im Burgenland, der Steiermark, Vorarlberg und Kärnten überträgt die Kinder- und Jugendhilfe die gesetzliche Vertretung zumeist der Diakonie oder der Caritas, in Oberösterreich und Salzburg wird die gesetzliche Vertretung gemeinsam mit der Pflege und Erziehung an die betreuenden Einrichtungen übertragen, die dann eigene Rechtsberater:innen engagieren. Auch im Asylrecht spezialisierte Anwält:innen werden von der Kinder- und Jugendhilfe bzw. den zuständigen NGOs in manchen Fällen hinzugezogen.
Vermögensverwaltung
Obsorgeberechtigte haben die Pflicht, das Vermögen (z. B. Erspartes oder Erbe) des ihnen anvertrauten Kindes zu verwalten, zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren. Die Vorschriften über die Vermögensverwaltung sind nur dann relevant, wenn ein nennenswertes Vermögen des Kindes bzw. minderjährigen Jugendlichen vorhanden ist. Da Fluchtwaisen in der Regel über kein solches Vermögen verfügen, ist dieser Teil der Obsorge bei minderjährigen Geflüchteten zumeist nicht besonders relevant.
Hintergrund und Entwicklungen
Nach wie vor gibt es große Defizite in der Regelung der Obsorge für Fluchtwaisen, obwohl in den letzten fünzehn Jahren wesentliche Fortschritte in diesem Bereich erzielt werden konnten. Bis zum Jahr 2005 wurde nämlich in Österreich die Obsorgepflicht bei Fluchtwaisen überhaupt nicht (als Problem) wahrgenommen. Es gelang den NGOs im Flüchtlingsbereich trotz jahrelanger Lobbyarbeit nur selten, die Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe davon zu überzeugen, dass sie verpflichtet sind, die Regelung der Obsorge von Fluchtwaisen bei Gericht zu beantragen.
Am 19.10.2005 erklärte der Oberste Gerichtshof (7Ob209/05v), dass Fluchtwaisen eine obsorgeberechtigte Person oder Stelle zur Seite zu stellen ist. Heute wird der überwiegenden Mehrzahl der Fluchtwaisen nach der Zulassung zum Asylverfahren ein:e Obsorgeberechtigte:r zur Seite gestellt. Die Entscheidung besagt aber auch, dass erst ab dem sogenannten „gewöhnlichen Aufenthalt“ eines Kindes in Österreich die Übertragung der Obsorge notwendig sei. Allerdings wird dieser „gewöhnliche Aufenthalt“ von den Gerichten im Allgemeinen erst ab einer Aufenthaltsdauer von ungefähr sechs Monaten und der weitgehenden Integration des Kindes angenommen. Das führt dazu, dass besonders während des Zulassungsverfahrens die Obsorge weiterhin ungeklärt bleibt. Die Forderung der NGOs und der Kinder- und Jugendanwaltschaften nach einer „Obsorge ab dem ersten Tag“ wartet immer noch auf ihre Durchsetzung.
Auch nach dem Zulassungsverfahren werden in der täglichen Praxis die Verpflichtungen der Obsorge oft nur unzureichend wahrgenommen. Oft kennen Kinder oder minderjährige Jugendliche die für sie obsorgeberechtigte Person nicht einmal persönlich. Es gibt allerdings auch positive Beispiele, wo sich die Verantwortlichen sehr eingehend mit den minderjährigen Flüchtlingen auseinandersetzen.
Kampagne KIND ist KIND
Um für ein eine Gleichberechtigung aller Kinder einzutreten, haben sich über 40 Organisationen zur Kampagne KIND ist KIND zusammengeschlossen.
Die Kampagne KIND ist KIND fordert die Obsorge ab Tag 1.