Rechte und Status von Fluchtwaisen

Thema der nachfolgenden Übersicht sind die zentralen rechtlichen Grundlagen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, die Verfahren und Rechtsstatus von Fluchtwaisen beeinflussen.
Lisa Wolfsegger
NATIONALE, EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE RECHTLICHE GRUNDLAGEN
Österreich
Asylgesetz: AsylG
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – Verfahrensgesetz: BFA-VG
Fremdenpolizeigesetz: FPG
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG
15a-Vereinbarung zur Grundversorgung zwischen Bund und Ländern Art. 15a B-VG
Asylverfahren

Geprüft wird
- Asyl laut Genfer Flüchtlingskonvention
- subsidiärer Schutz laut europäischer Menschenrechtskonvention
- "Bleiberecht" - also die §§ 55, 56, 57
Alle Informationen zum allgemeinen Asylverfahren in Österreich hier.
Asyl
Rechtsgrundlage ist die Genfer Flüchtlingskonvention (§ 3 AsylG) „(…) aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will (…)“
Seit der Gesetzesnovelle 2016 („Asyl auf Zeit“) erhalten Asylberechtigte vorerst nur ein befristetes Aufenthaltsrecht für die Dauer von drei Jahren. Kommt es innerhalb dieser drei Jahre im Herkunftsstaat des Flüchtlings zu keiner wesentlichen, dauerhaften Veränderung, geht das befristete Aufenthaltsrecht automatisch in ein unbefristetes über.
Asylberechtigte sind arbeits- und sozialrechtlich Österreicher:innen gleichgestellt und haben daher unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
Wenn diese Verfolgung zutrifft, bekommt eine Person – minderjährig oder erwachsen – in Österreich Asyl.

Konventionspass, Quelle: BMI
Subsidiärer Schutz
Subsidiären Schutz erhalten Personen, deren Asylantrag zwar mangels Verfolgung nach der GFK abgewiesen wurde, deren Leben oder Unversehrtheit im Herkunftsstaat aber anderweitig bedroht wird (Bürgerkrieg, failed states). Rechtsgrundlage ist die Europäische Menschenrechtskonvention (§8 AsylG) und insbesondere folgende Punkte:
- Recht auf Leben
- Verbot der Folter
- Verbot der Todesstrafe
Wenn eines dieser Rechte im Herkunftsland bedroht ist, bekommt die Person subsidiären Schutz. Subsidiär Schutzberechtigte bekommen die "graue Karte" und können einen Fremdenpass beantragen.
Sie erhalten ein befristetes Aufenthaltsrecht. Der subsidiäre Schutz wird für die Dauer eines Jahres erteilt, bei einer Verlängerung für weitere zwei Jahre (auf Antrag, nicht automatisch), wenn die für die Erstgewährung maßgeblichen Umstände sich nicht grundlegend und nachhaltig verändert haben. Subsidiär Schutzberechtigte haben zwar Zugang zum Arbeitsmarkt, aber nur eingeschränkt Zugang zu Sozialleistungen.

Karte für subsidiär Schutzberechtigte, Quelle: BMI
Bleiberecht (Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen)
Diese Aufenthaltstitel sind im Asylgesetz die §§ 55, 56 und 57. Hier wird geprüft:- das Privat- und Familienleben (Art. 8 EMRK)
- besondere Berücksichtigungsfälle
- Aufenthaltsberechtigung bei langer Aufenthaltsdauer und Selbsterhaltungsfähigkeit
- Abwägung zwischen staatlichen und privaten Interessen
Diese Personen können nach einem Jahr vom Asylgesetz in das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz wechseln und bekommen die Rot-Weiß-Rot-Karte (+)

(Quelle: help.gv.at)
Asyl/Subsidiärer Schutz
Im Jahr 2023 wurden 258 Fluchtwaisen rechtskräftige Asyl gewährt, 481 Fluchtwaisen rechtskräftig subsidiären Schutz und vier Fluchtwaisen bekamen rechtskräftig einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen.
Statistiken über rechtskräftige Rückkehrentscheidungen konnte das BMI nicht veröffentlichen. 38 Fluchtwaisen bekamen eine erstinstanzliche Rückkehrentscheidung.
Bei der Betreuung von Kindern sind die Kinder- und Jugendhilfe-Gesetze anzuwenden.
Kinder- und Jugendhilfegesetze:

Wien: WKJHG
Niederösterreich: NÖ KJHG
Oberösterreich: OÖ. KJHG
Burgenland: Bgld. KJHG
Kärnten: K-KJHG
Tirol: TKJHG
Vorarlberg: KJH-G
Salzburg: S.KJHG
Steiermark: StKJHG
Europa

European Union Agency for Fundamental Rights (2010)
Separated, asylum-seeking children in European Union Member States, Summary Report
Allgemeine Grundsätze und Verfahren zur Behandlung von Fluchtwaisen
Grünbuch über das künftige gemeinsame europäische Asylsystem endg. vom 6. Juni 2007
Rat der Europäischen Union
Entschließung des Rates vom 26. Juni 1997 betreffend unbegleitete minderjährige Staatsangehörige dritter Länder (97/C 221/03)
Rat der Europäischen Union
Das Stockholmer Programm Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger, Brüssel, 2. Dezember 2009 (04.12) (OR. en) 17024/09
EU-Richtlinien und EU-Verordnungen
Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes
Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft
Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger
Richtlinie 2013/33/EU des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen
Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes
Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist

Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags, Amtsblatt Nr. L180/31 vom 26. Juni 2013
International
Genfer Flüchtlingskonvention GFK
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte AEMR
Resolution 217 A (III) der Generalversammlung vom 10. Dezember 1948
Übereinkommen über die Rechte des Kindes KRK
vom 20. November 1989
Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e. V.:
General Comment Nr. 6
Dieses Dokument des Kinderrechtskomitees widmet sich der Behandlung unbegleiteter und von ihren Eltern getrennter Kinder außerhalb ihres Herkunftslandes. Special Comments können als konkrete Handlungsanweisungen zur Umsetzung der Bestimmungen der Kinderrechtskonvention verstanden werden.
United Nations
Concluding observations on the combined third and fourth periodic report of Austria 2012
Concluding Obersvation 2008
Concluding Observations of the Committee on the Rights of the Child: Austria (Januar 2005)
Committee Against Torture CAT
Periodischer Bericht über die Umsetzung der Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Österreich, 44. Sitzung (26 April - 14 Mai 2010)
Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte IPwskR
Am 16. Dezember 1966 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen einstimmig verabschiedet.
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK in der Fassung des Protokolls Nr. 11 Rom/Rome, 4. November 1950
UNHCR-Richtlinien
UNHCR, Richtlinien über allgemeine Grundsätze und Verfahren zur Behandlung asylsuchender unbegleiteter Minderjähriger, Genf, 1997, Neuauflage, UNHCR Österreich, Dezember 2003
UNHCR: Richtlinien Zum Internationalen Schutz: Asylanträge von Kindern im Zusammenhang mit Artikel 1 (A) 2 und 1 (F) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 22. Dezember 2009, HCR/GIP/09/08
Kinderhandel / Menschenhandel
ECPAT
ReACT von ECPAT - Aufklärungsvideo über die Kinderrechte in 13 Sprachen
UNGIFTS
VITA - Victim Translation Assistance Tool ist eine Übersetzungssoftware von UN.GIFT/UNODC, dem Bundeskriminalamt und LEFÖ-IBF, welche die Kommunikation mit Betroffenen von Menschenhandel erleichtern soll