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18.2.2024

Villach

Villach, weil wir gefragt werden…
wie sich eine Organisation mit Expertise im Asylbereich zum Anschlag in Villach positioniert: Angemessen wäre Schweigen. Die Aufmerksamkeit, die Gedanken und die Emotionen zumindest einen Tag lang bei den Opfern lassen. Doch der Täter war aus Syrien und damit dreht sich das Diskursrad schneller und in die andere Richtung, hin zum Täter. Und so sagen auch wir, was wir zu sagen haben.

Was vor all den rechtlichen Fragen nicht untergehen soll: Auch uns trifft dieser Anschlag nicht nur als Team der asylkoordination, sondern auch persönlich, auf jeweils unterschiedliche Weise. Die ganze Palette an Emotionen, die wir in Foren und Medien finden, ist uns nachvollziehbar, von Mitgefühl bis Wut.

Unser Job aber ist es - und auch jener der Politik sollte es sein -  , diese Perspektiven zu trennen. Deshalb: Politik muss sich an Grundsätzen und Logik orientieren, nicht an Emotionen. Die Forderung nach "mehr Abschiebungen generell" z.B. ist fehl am Platz. Wir haben es mit einer bis dato unauffälligen, aufenthaltsberechtigten Person zu tun.

Welche Maßnahmen nun immer ergriffen werden, sie sollen die Werte, auf denen unsere Verfassung beruht, nicht verraten. Eine Social Media bzw. Messenger-Überwachung nach Gesichtspunkten der Herkunft etwa wäre diskriminierend (und technisch wohl auch kaum umsetzbar).  Ein ambitionierteres Vorgehen gegen islamistische Propaganda in den sozialen Medien, wie sie auch von der Wissenschaftlerin Denise Pisoiu vorgeschlagen wurde, erscheint uns, nach allem, was wir über Radikalisierung im Internet wissen, sinnvoll.

Zum Täter selbst: Der Täter hat definitiv einen Asylausschlussgrund gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention gesetzt, ein Aberkennungsverfahren wird eingeleitet werden, der Ausgang ist klar. Die Asylausschlussgründe sind in der Genfer Flüchtlingskonvention, der Grundlage aller nationalen Asylgesetze und der EU Asylrechtssprechung, geregelt und umfassen insbesondere schwere Verbrechen. Um ein solches handelt es sich.

Zu den Überlegungen, dass der Täter "möglichst schnell" abgeschoben werden soll: Unserer Meinung nach geht diese Diskussion vollkommen am Thema vorbei. Das Problem heißt Islamismus, nicht Asyl. Zum Glück leben wir in einer Gesellschaft, in der niemand in ein Land abgeschoben werden darf, in dem ihm:ihr Folter, unmenschliche Behandlung oder der Tod droht. Es geht darum, islamistischen Terror zu bekämpfen, nicht um die Förderung populistischer Scheindebatten, die die Grundsätze unserer demokratischen Gesellschaft infrage stellen.

Eine unter dem Gesichtspunkt der Prävention spannende Frage ist, wo ein radikalisierter Täter besser aufgehoben ist - in einer österreichischen Haftanstalt oder in Syrien, wo er den Behörden eines noch schwer einschätzbaren Regimes überantwortet wird.

Einmal mehr fordern wir zu einer politischen Linie auf, welche die Realität nicht verleugnet: Wir werden die Verzahnung dieser Welt nicht mehr auseinander bekommen und es ist auch unrealistisch, Mobilität auf den wohlhabenden Teil der Welt beschränken zu wollen. Migration hat es immer gegeben und wird es immer geben.

Unser Anliegen ist, damit auf eine Weise umzugehen, die niemals vom Grundsatz der Unteilbarkeit der Menschenrechte abrückt. Und wenn wir uns die Forschung zu Radikalisierung ansehen, gibt uns diese recht: Am Beginn jeder Radikalisierung stehen Ausgrenzungserfahrungen, Diskriminierung, persönlicher Frust. Aus diesem Boden sprießt, mit dem richtigen ideologischen Dünger, die Entmenschlichung des Gegenübers.


Was hilft?

Die Mittel einsetzen, die wir haben: Bildung, Psychologie, Pädagogik, Sozialarbeit im präventiven Bereich. Extremismusgefährdete Menschen stabilisieren (ja, das ist möglich). Die Trennung von Impuls und Handlung, persönlich, medial, politisch. Online-Sozialarbeit fördern. Den digitalen Raum als Vorzimmer zur Wirklichkeit endlich ernst nehmen. Internationale Zusammenarbeit und technische Kooperation stärken, um extremistische Propaganda zu verhindern.

Wir haben soviel mehr als Abschiebungen und Überwachung und „die volle Härte des Gesetzes“.
 
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Kontakt und Information

Bild Lukas Gahleitner-Gertz mit Link zur Seite von Lukas Gahleitner-GertzLukas Gahleitner-Gertz
T 01 53 212 91 - 15
gahleitner@asyl.at












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