Föderaler Bezahlkartenwildwuchs: Teure Wahlkampfgags
Die Digitalisierung der bisherigen Barauszahlung von Grundversorgungsleistungen an Schutzsuchende ist grundsätzlich eine gute Idee. Die Umsetzung zeigt aber: Es geht nicht um Lösungen, sondern um Boshaftigkeit. Das lassen sich ÖVP- und FPÖ-Politiker auch einiges an Steuergeld kosten.
Lukas Gahleitner-Gertz
Nun ist es bald ein halbes Jahr, dass in einer vertrauten Regelmäßigkeit über die Umstellung des Auszahlungsmodus des Grundversorgungsgeldes an Schutzsuchende berichtet wird. Nun steuern wir auf den nächsten Höhepunkt der Debatte zu: Es wird endlich Pilotprojekte dazu geben!
Kurz zur Erinnerung: Etwa 95% der Asylwerber:innen sind in Österreich in organisierten Unterkünften untergebracht. Das bedeutet, sie bekommen ein Bett und ein Dach über den Kopf. Die Unterkunftsbetreiber:innen bekommen 25 Euro ausbezahlt. Stellen sie den Schutzsuchenden auch Verpflegung zur Verfügung dürfen sie den gesamten Betrag behalten. Alternativ können sie aber auch – je nach Bundesland – zwischen 3,50 und 7,50 Euro tägliches Verpflegungsgeld ausbezahlen, damit sich die Schutzsuchenden damit selbst versorgen. Das ist auch der Regelfall, denn die Bereitstellung von Sachleistungen – also Vollversorgung – ist für die Quartierbetreiber:innen nicht kostendeckend möglich.
Anfang des Jahres schwappte eine Debatte von Deutschland nach Österreich über: Die Auszahlung von Bargeld wurde als „Pullfaktor“ identifiziert: Das Geld werde von den Schutzsuchenden nach Hause geschickt und die organisierte Schlepperkriminalität damit finanziert. Evidenz gab es in Deutschland dafür aber nicht, auch in Österreich konnte Integrationsministerin Raab keine Belege für ihre Behauptungen liefern: Auf eine parlamentarische Anfrage von Christian Oxonitsch (SPÖ) nannte sie keine Zahlen. Warum sie dennoch die Behauptung aufgestellt hat? Trainer:innen von Wertekursen hätten berichtet, dass Kursteilnehmende „die Unterstützung für nahestehende im Herkunftsland zurückgebliebene Personen thematisiert“ hätten. Es ist nicht auszuschließen, dass in Österreich schon wegen weniger Evidenz Gesetze geändert wurden. Aber überzeugend klingt anders.
Zudem: Es braucht gar keine Gesetzesänderung um den Auszahlungsmodus zu ändern. Es obliegt den Bundesländern, wie sie die Auszahlung organisieren. In Wien werden etwa fast 90% der Grundversorgungsleistungen ohnehin bereits per Überweisung ausbezahlt. In Tirol gibt es eine sogenannte ELEG-Karte, auf die das Geld gebucht wird. Vor allem in den Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich wird das Verpflegungsgeld an die Schutzsuchenden noch etwas altertümlich in bar ausgezahlt.
Genau in diesen beiden letztgenannten Bundesländern wird es nun zwei weitere Pilotprojekte – mit unterschiedlichen Anbietern und unterschiedlichen Systemen geben. In Oberösterreich wird der Innenminister gemeinsam mit dem ÖVP-Parteikollegen und Landesrat Hattmansdorfer noch diese Woche bekanntgeben, dass in der Region Steyr in einigen Unterkünften eine Bezahlkarte ausprobiert werden soll. Der Anbieter soll laut verlässlichen Quellen derselbe wie in Bayern sein, es soll eine Geldbehebungsfunktion, aber keine Überweisungsfunktion geben. Es wird nur eine kleine Gruppe von Asylwerber:innen vorerst betreffen, eine Ausdehnung auf die große Gruppe der ukrainischen Vertriebenen ist nicht vorgesehen. Hier soll der bisherige Auszahlungsmodus beibehalten werden. Das bedeutet: Ein Doppelsystem mit Mehrkosten. Wie das angestrebte Ziel der Einsparung von Verwaltungskosten erreicht werden soll steht in den Sternen.
Parallel dazu und klammheimlich hat der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Luisser an einem eigenen Wahlkampfgag gebastelt. Schon ab Juni – also noch bevor das Innenministerium sein eigenes Pilotprojekt präsentieren konnte – wird in Niederösterreich in einigen Unterkünften auf eine sogenannte Pluxee-Karte umgestellt. Das Vorgängerunternehmen ist als Sodexo bekannt. Ein Diensteanbieter, der bei einigen großen Unternehmen zur Anwendung kommt. Kleine Läden kommen so gut wie nicht vor, auch Second hand oder willhaben-Käufe scheiden aus. Ob hier eigentlich eine Ausschreibung notwendig gewesen wäre bzw ob diese stattgefunden hat ist noch nicht bekannt. Avisierter Kostenpunkt ist nicht bekannt. Fix ist aber: Es wird jedenfalls teurer, denn bisher wurde die Auszahlung von den Quartierbetreiber:innen vorgenommen. Es ist davon auszugehen, dass der Diensteanbieter seine Dienste nicht gratis anbietet.
Die grundsätzlich gute Idee, den Zahlungsverkehr in der Grundversorgung durch Digitalisierung zu vereinfachen und Kosten einzusparen wird durch den föderalen Wildwuchs vollkommen konterkariert. Bestimmender Gedanke der Umsetzenden ist es, Schutzsuchende zu sekkieren um ein Zeichen an die eigene Wählerschaft auszusenden. Ziel ist es, sich an Boshaftigkeit gegenseitig zu übertrumpfen. Das lässt man sich dann schon einiges an Steuergeld kosten.
Kleines Update zur Bezahlkarte: Boshaftigkeit und Rassismus im Klartext, NÖ, Büro Luisser.
Kurz zur Erinnerung: Etwa 95% der Asylwerber:innen sind in Österreich in organisierten Unterkünften untergebracht. Das bedeutet, sie bekommen ein Bett und ein Dach über den Kopf. Die Unterkunftsbetreiber:innen bekommen 25 Euro ausbezahlt. Stellen sie den Schutzsuchenden auch Verpflegung zur Verfügung dürfen sie den gesamten Betrag behalten. Alternativ können sie aber auch – je nach Bundesland – zwischen 3,50 und 7,50 Euro tägliches Verpflegungsgeld ausbezahlen, damit sich die Schutzsuchenden damit selbst versorgen. Das ist auch der Regelfall, denn die Bereitstellung von Sachleistungen – also Vollversorgung – ist für die Quartierbetreiber:innen nicht kostendeckend möglich.
Anfang des Jahres schwappte eine Debatte von Deutschland nach Österreich über: Die Auszahlung von Bargeld wurde als „Pullfaktor“ identifiziert: Das Geld werde von den Schutzsuchenden nach Hause geschickt und die organisierte Schlepperkriminalität damit finanziert. Evidenz gab es in Deutschland dafür aber nicht, auch in Österreich konnte Integrationsministerin Raab keine Belege für ihre Behauptungen liefern: Auf eine parlamentarische Anfrage von Christian Oxonitsch (SPÖ) nannte sie keine Zahlen. Warum sie dennoch die Behauptung aufgestellt hat? Trainer:innen von Wertekursen hätten berichtet, dass Kursteilnehmende „die Unterstützung für nahestehende im Herkunftsland zurückgebliebene Personen thematisiert“ hätten. Es ist nicht auszuschließen, dass in Österreich schon wegen weniger Evidenz Gesetze geändert wurden. Aber überzeugend klingt anders.
Zudem: Es braucht gar keine Gesetzesänderung um den Auszahlungsmodus zu ändern. Es obliegt den Bundesländern, wie sie die Auszahlung organisieren. In Wien werden etwa fast 90% der Grundversorgungsleistungen ohnehin bereits per Überweisung ausbezahlt. In Tirol gibt es eine sogenannte ELEG-Karte, auf die das Geld gebucht wird. Vor allem in den Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich wird das Verpflegungsgeld an die Schutzsuchenden noch etwas altertümlich in bar ausgezahlt.
Genau in diesen beiden letztgenannten Bundesländern wird es nun zwei weitere Pilotprojekte – mit unterschiedlichen Anbietern und unterschiedlichen Systemen geben. In Oberösterreich wird der Innenminister gemeinsam mit dem ÖVP-Parteikollegen und Landesrat Hattmansdorfer noch diese Woche bekanntgeben, dass in der Region Steyr in einigen Unterkünften eine Bezahlkarte ausprobiert werden soll. Der Anbieter soll laut verlässlichen Quellen derselbe wie in Bayern sein, es soll eine Geldbehebungsfunktion, aber keine Überweisungsfunktion geben. Es wird nur eine kleine Gruppe von Asylwerber:innen vorerst betreffen, eine Ausdehnung auf die große Gruppe der ukrainischen Vertriebenen ist nicht vorgesehen. Hier soll der bisherige Auszahlungsmodus beibehalten werden. Das bedeutet: Ein Doppelsystem mit Mehrkosten. Wie das angestrebte Ziel der Einsparung von Verwaltungskosten erreicht werden soll steht in den Sternen.
Parallel dazu und klammheimlich hat der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Luisser an einem eigenen Wahlkampfgag gebastelt. Schon ab Juni – also noch bevor das Innenministerium sein eigenes Pilotprojekt präsentieren konnte – wird in Niederösterreich in einigen Unterkünften auf eine sogenannte Pluxee-Karte umgestellt. Das Vorgängerunternehmen ist als Sodexo bekannt. Ein Diensteanbieter, der bei einigen großen Unternehmen zur Anwendung kommt. Kleine Läden kommen so gut wie nicht vor, auch Second hand oder willhaben-Käufe scheiden aus. Ob hier eigentlich eine Ausschreibung notwendig gewesen wäre bzw ob diese stattgefunden hat ist noch nicht bekannt. Avisierter Kostenpunkt ist nicht bekannt. Fix ist aber: Es wird jedenfalls teurer, denn bisher wurde die Auszahlung von den Quartierbetreiber:innen vorgenommen. Es ist davon auszugehen, dass der Diensteanbieter seine Dienste nicht gratis anbietet.
Die grundsätzlich gute Idee, den Zahlungsverkehr in der Grundversorgung durch Digitalisierung zu vereinfachen und Kosten einzusparen wird durch den föderalen Wildwuchs vollkommen konterkariert. Bestimmender Gedanke der Umsetzenden ist es, Schutzsuchende zu sekkieren um ein Zeichen an die eigene Wählerschaft auszusenden. Ziel ist es, sich an Boshaftigkeit gegenseitig zu übertrumpfen. Das lässt man sich dann schon einiges an Steuergeld kosten.
Kleines Update zur Bezahlkarte: Boshaftigkeit und Rassismus im Klartext, NÖ, Büro Luisser.