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Die Unbedankten

„Das Beste aus beiden Welten.“ Dieser von Sebastian Kurz vielfach wiederholte Werbeslogan begleitete die türkis-grüne Koalition von Anfang an. Blickt man auf das Regierungsprogramm von 2020 schießt der Spruch unweigerlich in den Kopf: Starker Fokus auf Maßnahmen im Umwelt- und Klimabereich auf Seiten der Grünen, im Asyl- und Integrationsbereich ein Sammelsurium sämtlicher restriktiver Wunschvorstellungen der ÖVP samt bisher unbekannter Regelungen zu möglichen koalitionsfreien Räumen. Eine retrospektive Analyse.
Lukas Gahleitner-Gertz

Es war ein kalter Jännertag, als sich Ehrenamtliche und eine Gruppe von Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen bei den Parlamentscontainern bei der Hofburg einfanden. Der Parlamentsumbau machte ein Treffen im Provisorium notwendig. Was die Spatzen schon längst von den Dächern pfiffen und auch tags darauf in den Nachrichten zu finden war: ÖVP und Grüne hatten sich auf eine Zusammenarbeit samt Regierungsprogramm geeinigt. Eine Zusammenarbeit, die es bis dahin nur auf Länderebene, nicht aber im Bund gegeben hat.


Ein Politikfuchs fängt die Kritik ein

Vieles deutete darauf hin, dass es Rudi Anschober war, der die Idee zu diesem sehr kurzfristig anberaumten Treffen mit Vertretern großer bekannter Nichtregierungsorganisationen und kleiner Vereine, die im Bereich Unterbringung, Versorgung und Beratung Schutzsuchender tätig sind, hatte. Es war ein heikles Treffen: Der zu präsentierende Teil des Regierungsprogramm stammte unverkennbar aus der Feder und der Welt der ÖVP. Die Reaktionen im Treffen reichten von entsetzten, fassungslosen Blicken bis zu erleichtertem Durchschnaufen: Immerhin, so meinten einige, rede man nun wieder miteinander. Seit der Gesprächsverweigerung der Verantwortlichen der schlussendlich krachend gescheiterten Ibiza-Koalition wusste man, dass Diskurs keine Selbstverständlichkeit ist.

Anschobers Plan ging auf: Den teils lauten Unmut bekamen die Grünen, in die viele aus dem Asyl- und Integrationsbereich Hoffnung gesetzt hatten, in diesem Treffen ab. Die öffentliche Kritik der Organisationen in den kommenden Tagen wurde dadurch abgeschwächt.


„Klima gegen Asyl: War das der Deal?“

Es war harter Tobak: Sicherungshaft, mehr Außengrenzschutz, beschleunigte Asylverfahren in Grenznähe, Ausbau der grundrechtlich umstrittenen Rückkehrberatungszentren. Besonders das ausdrückliche Bekenntnis zur Verstaatlichung der Rechtsberatung in Asylverfahren schmerzte viele: Die Rechtsberatung und -vertretung wurde unter Kickl verstaatlicht, eine Tätigkeit, die bis dahin zumindest teilweise NGOs gemacht hatten. Die Auftragsbedingungen waren miserabel, aber zumindest hatte man Einblick in die Praxis der Behörden. Mit einer sehr breiten Kampagne wollten die Organisationen die Beschlussfassung unter Schwarz-Blau verhindern, was nicht gelang. Es war einer der letzten Beschlüsse, die die Kurz-Kickl-Koalition noch durchwinken konnte vor dem großen Knall.

Umso größer war die Hoffnung, dass die Grünen dieses gefährliche und rechtstaatlich umstrittene Projekt stoppen würden. Statt dessen fand sich aber im Regierungsprogramm sogar ein ausdrückliches Bekenntnis zur Verstaatlichung, was viele als perfide Demütigungsaktion von Sebastian Kurz interpretierten, andere als rückgratlose Aktion der Grünen. Es gab welche, die schon in den ersten Jännertagen 2020 beides sahen. Erste Resignationszeichen machten sich breit: Wurden hier tatsächlich die Chance auf Durchsetzung von Maßnahmen im Klimabereich damit erkauft, dass der Kanzlerpartei im Asyl- und Integrationsbereich vollkommen freie Hand gelassen wurde?


Brand von Moria als Wendepunkt?

Von der außerparlamentarischen Opposition auf die Regierungsbank in Zwangsehe mit dem Populisten Sebastian Kurz war es ein großer Schritt. Zu groß? Sehr viele neue Abgeordnete mit unbestrittenem Fachwissen, mit Ausnahme von Klubchefin Sigi Maurer aber beinahe ohne Kenntnis der parlamentarischen Praxis. Vor diesem Hintergrund war die Befürchtung im Asyl- und Integrationsbereich groß, dass die ÖVP in ihrem Teil der „beiden Welten“ relativ unbeeinflusst würde walten können. Hinter den Kulissen der Öffentlichkeit gab es aber in jenen Bereichen, in denen die Grünen aufgrund der Ministerinnenzuständigkeit tatsächlich Einfluss nehmen konnten, durchaus rege Betriebsamkeit: Justizministerin Alma Zadić war zwar an das Bekenntnis zur Umsetzung der verstaatlichten Rechtsberatung gebunden, im Rahmen der Möglichkeiten setzten sie und ihr Team sich aber auf technischer Ebene für eine möglichst starke Absicherung der Unabhängigkeit der BBU-Rechtsberatung in den Rahmenvertragsverhandlungen ein. Die Durchsetzung eines objektiven Auswahlverfahrens zur Leitung der Rechtsberatung sollte als Selbstverständlichkeit angenommen werden, aber auch dies benötigte Einsatz, teils von höchster Ebene.

Die Vehemenz der Grünen in diesem Bereich überraschte den größeren Koalitionspartner zweifellos. Öffentlich wurde davon wenig, was paradoxerweise auch Mitgrund dafür sein könnte, dass hier Verbesserungen erzielt werden konnten. Die ÖVP verlegte die öffentlichkeitswirksame Debatte auf Spielfelder, in dem die Grünen in der Defensive waren: Bei der ÖVP-Forderung nach Einführung einer Sicherungshaft wurde keine Grundsatzdebatte vom Zaun gebrochen sondern vom kleineren Koalitionspartner nur darauf verwiesen, dass diese – wie vereinbart – EMRK- und verfassungskonform sein müsste. Bis heute gibt es dafür keinen Gesetzesvorschlag von der Kanzlerpartei, geschweige denn einen Gesetzesbeschluss.

Die zweifellos effektive Defensivstrategie der Grünen wurde von den Bildern vom Brand im Flüchtlingslager Moria erheblich erschüttert: Angesichts der Bilder der Verwahrlosungspolitik an den europäischen Außengrenzen fokussierte sich die zivilgesellschaftliche Empörung nicht an der ÖVP, die geradezu genüsslich die Aufnahme von Kindern und Familien aus Griechenland verweigerte. Der auf die Grünen gerichtete Empörung konnte durch den defensiven Verweis, man sei dafür innerhalb der Regierung nicht zuständig, nur ungenügend begegnet werden. Der Ruf nach Beendigung der Koalition war da, das Image der Grünen eingedellt.


Rechtswidrige Abschiebung von Tina

Nur wenige Monate nach dem Brand von Moria wurde vom ÖVP-geführten Innenministerium in einer rechtswidrigen Nacht-und-Nebelaktion ein Teenager-Mädchen, das nahezu ihr gesamtes Leben in Österreich gelebt hatte, nach Georgien abgeschoben. Prominente, Freund:innen der Familie und auch grüne Nationalratsabgeordnete fanden sich vor dem Schubhaftzentrum in Wien-Simmering mitten in der Nacht ein um gegen die geplante staatliche Zwangsmaßnahme zu protestieren.

Die Abschiebung konnte dadurch nicht gestoppt werden, die grüne Parteiführung reagierte diesmal aber schnell. Die Justizministerin richtete die sogenannte Kindeswohlkommission als beratendes Gremium ein. Der Clou: Dafür benötigten die Grünen nicht die Zustimmung des Koalitionspartners, dazu übernahm die auch in konservativen Kreisen beliebte ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, die Leitung. Die ÖVP schäumte und richtete eine Parallelkommission im Innenministerium ein. Die Aktion erreichte eine Sensibilisierung für die Bedeutung von Kinderrechten und eine Stärkung der Bedeutung des Kindeswohls in asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren und somit in einem Bereich, der nach der koalitionären Aufteilung klar der ÖVP zuzuordnen war.

Die schlussendlich höchstgerichtlich als rechtswidrig festgestellte Abschiebung von Tina führte nicht zum viel geforderten Koalitionsbruch. Tina ist mittlerweile wieder rechtmäßig in Österreich aufhältig, die Schulungen der Beamt:innen und Richter:innen zum Kindeswohl wurden ausgebaut, eine Ansprechrichterin für diesen Bereich beim Bundesverwaltungsgericht eingeführt und Leitfäden, die Entscheider:innen bei der Beurteilung des Kindeswohls unterstützen sollen, erstellt. Die Aufkündigung einer Koalition, so die Grünen, hätte diese zugegebermaßen langweilig klingenden, aber in der Praxis durchaus relevanten Verbesserungen nicht erreicht.


Asylantragsrekord und Vertriebene aus der Ukraine

Die Wandlung der Grünen von einer Oppostionspartei, die aktiv und öffentlich der Schwächung von Geflüchtetenrechte entgegentrat, zu einer Regierungspartei, die auf die Umsetzung unspektakulärer Verbesserung hinter den Kulissen setzte, war vollzogen. Nach sehr niedrigen Antragszahlen infolge der internationalen Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wurden 2022 die zweithöchsten Asylantragszahlen seit dem 2. Weltkrieg in Österreich gezählt. Über 110.000 Anträge stellten den „Sommer der Flucht“ 2015 in den Schatten, dazu kamen noch mal so viele Vertriebene aus der Ukraine. Nach dem Kurz-Fiasko hatte die ÖVP alle Hände voll zu tun, den eigenen Laden in den Griff zu bekommen. Spekulierte man zu Koalitionsbeginn noch darüber, wie verlässlich man mit den Grünen einen Staat wird führen können waren diese neben der von diversen Skandalen und Kanzlerwechseln gebeutelten ÖVP sogar zum stabilen Part der Regierungskoalition geworden.

In den 20 Jahren zuvor wurde das Asylgesetz teils bis zu zweimal jährlich novelliert, verschärft und verkompliziert. In den letzten fünf Jahren der ÖVP-Grüne-Koalition kam es zu keiner einzigen Verschärfung des Asylrechts, die meisten Ankündigungen aus dem Regierungsprogramm blieben auf dem Papier. Die durchgeführten Gesetzesänderungen waren vorwiegend technischer Natur und dienten zu einer Vereinfachung während der Höchstphase der Corona-Pandemie.

Während der ÖVP-Grüne Koalition haben 90.000 Menschen über das reguläre Asylsystem Schutz erhalten. Die Anträge von 63.000 Antragsteller:innen wurden abgewiesen, über 90.000 weitere Personen haben zwar einen Antrag gestellt, sind aber vor der Entscheidung wieder ausgereist. Dazu kommen noch ca 110.000 Menschen aus der Ukraine, von denen nach wir vor etwa 70.000 in Österreich aufhältig sind und etwa die Hälfte in der Grundversorgung untergebracht sind.


Umsetzen, aber leise

Die Grünen hatten nach dem Kommunikationsfiasko nach dem Brand von Moria erkannt, dass eine Defensivstrategie alleine nicht ausreichen würde und hat sich auch personell im Parlamentsklub aufmunitioniert. Im Zuge der Ankunft zigtausender Vertriebener aus der Ukraine stießen die NGOs nicht auf taube Ohren auf Seiten der Grünen: Obwohl die Vertriebenenverordnung in Österreich sehr restriktiv umgesetzt wurde konnte die Erstversorgung aller Geflüchteten aus der Ukraine – unabhängig von der Nationalität – sichergestellt werden. Die ÖVP bestimmte, dass die Ukrainer:innen in das für Schutzberechtigte vollkommen ungeeigneten Grundversorgungssystem eingestuft wurden. Es ging auf beharrliche Initiative der Grünen zurück, dass den vertriebenen Ukrainer:innen zumindest der effektive Zugang zu Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld geöffnet wurde und schlussendlich auch die Voraussetzung der schikanösen Beschäftigungsbewilligungen für Vertriebene ersatzlos gestrichen wurde.

Es war auch keine ÖVP-Idee, das Integrationsjahr wiedereinzuführen und das Budget für fachspezifische Deutschkurse, Unterstützung bei der Anerkennung von Ausbildungen sowie Angebote zur höheren Qualifizierung um 75 Mio Euro zu erhöhen. In der komplizierten Bund-Länder-Materie Grundversorgung haben die Grünen, obwohl sie weder die Zuständigkeit im Bund noch einen Landesrat/eine Landesrätin in den Bundesländern stellten die Erhöhung der Grundversorgungstagsätze immer wieder in die Verhandlungen miteingebracht: Sie hatten verstanden, dass gewisse politische Kräfte ein Interesse an einem Chaos im Bereich des Asyl- und Integrationsbereichs hatten um die Debatte auf das rechte, für sie ungünstige Spielfeld zu ziehen. Es war im ureigensten politischen Interesse der kleineren Regierungspartei, dass die Abläufe in Verfahren, Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten funktionierten und nicht an vollkommen unzureichender Finanzierung scheiterten.


Wider destruktive ÖVP-Kräfte

Die zahlreichen erreichten kleinen Verbesserungen blieben mangels offensiver Eigenvermarktung ebenso unbemerkt wie die Schaffung größerer Transparenz durch verbesserte und umfangreichere Asylstatistiken. Große Würfe wie etwa die Zustimmung Gewesslers zum Renaturierungsgesetz im Umweltbereich gelangen im Asyl- und Integrationsbereich nicht: Die stärkere Integration der Ukrainer:innen in den Arbeitsmarkt, die neben allen in der Praxis tätigen Akteuren gefordert wurde, wurde von den Grünen forciert und erreichte auch Teile der ÖVP. Der durchideologisierte ÖVP-Flügel rund um die für Integration zuständige Ministerin Susanne Raab setzte zwar selbst keine Initiativen, wusste aber diese Initiative abzuwürgen.

Im Bereich der Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurde im Regierungsvorhaben eine möglichst frühe Obsorge als Vorhaben verankert. In einem Bereich, in dem Österreich europaweit im Schlussfeld liegt, wurden sämtliche Initiativen des Justizministeriums aber zwischen Innenministerium, ÖVP-geführten Bundesländern und unterfinanzierten Kinder- und Jugendhilfen zerrieben.
Auch wenn die notwendig und vielfach erhoffte Umsetzung bei der Obsorge ab dem ersten Tag nicht gelang: Es wurden viele Vorarbeiten für eine künftige Regelung geleistet, Erkenntnisse aus begangenen Fehlern gezogen, Hürden erkannt und Lösungswege gefunden.


Und es endete wie es begann

Wie sämtliche Expert:innen vorausgesehen hatten wurde das letzte Projekt der Ibiza-Koalition, die Verstaatlichung der Rechtsberatung, in entscheidenden Punkten vom Verfassungsgerichtshof als rechtswidrig aufgehoben. Auch wenn die Praxis der BBU zeigte, dass die Leitungspersonen sehr verantwortlich mit ihrer Aufgabe umgingen, Missbrauchsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft und ein großer Augenmerk auf qualitätsvolle und parteiische Beratung und Vertretung gesetzt wurde, änderte es nichts an der fehlerhaften Grundkonzeption einer verstaatlichten Rechtsberatung und -vertretung im Asylverfahren.

In mühsamen, teils sehr schleppenden Verhandlungen erreichte das Team um Alma Zadić und der grüne Parlamentsklub eine Novellierung des Gesetzes, mit dem wesentliche Verbesserungen zur Absicherung der Rechtsberatung vor potentieller direkter Einflussnahme vom Eigentümervertreter der BBU GmbH, dem Innenministerium, erreicht wurden. 
Am Beispiel dieser erreichten Änderungen lässt sich die grüne Regierungsbeteiligung im Asylbereich gut zusammenfassen: Anstatt eines Systemwechsel – zB zurück zum auf NGO-Einbindung beruhenden Vorgängermodell – wurden in der bestehenden Konstruktion unspektakuläre, aber effektive Verbesserungen erreicht. Geredet wurde darüber aber kaum.


Schmerzlich vermisst

„Die Lernkurve war groß“ – diesen Satz hörte man von einigen grünen Abgeordneten gegen Ende der Legislaturperiode. Diese Selbstwahrnehmung deckt sich mit der Fremdwahrnehmung. Dabei geht es aber weniger darum, dass sich bei den österreichischen Grünen die Realos gegen die Fundi-Fraktion durchgesetzt hätten. Es war vielmehr der Wandel von einer Oppositions- zu einer Regierungspartei in einer Koalitionsregierung.

Viele vermissten in den letzten fünf Jahren die laute parlamentarische Stimme der Grünen, die sich selbstbewusst und kompromisslos für eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung sowie rechtsstaatliche Asylverfahren im Diskurs einbrachte. Stellung zu beziehen, nicht, weil man gefragt wurde, sondern weil man dazu aktiv Stellung beziehen wollte. Die proaktive Teilnahme am Diskurs über Grundrechte geflüchteter Menschen ging von rechten und konservativen Parteien aus um deren Einschränkung oder gar Aufhebung zu fordern.

In einer Retrospektive auf die letzten fünf Jahre kann die oft geteilte Ableitung, dass den Grünen das Thema Asyl und Integration egal gewesen wäre, aus NGO-Perspektive nicht geteilt werden. Nach holprigem Start wurde vor allem von Vertreter:innen des Parlamentsklubs und von grünen Ministerien eine gute und wertschätzende Arbeits- und Austauschkommunikation mit haupt- und ehrenamtlichen Organisationen im Asyl- und Integrationsbereich etabliert und gepflegt. Meinungen wurden eingeholt und diskutiert, Kritik nicht weggewischt sondern ernstgenommen. Man konzentrierte sich auf die Umsetzung von praktischen Verbesserungen in einem unwirtlichen Medienumfeld unter schwersten Bedingungen. Auch wenn dies in der Zusammenfassung selbstverständlich klingt: Wie wir aus Zeiten der Ibiza-Koalition, aber auch von rot-schwarzen Koalitionen wissen ist dies eher die Ausnahme als die Regel.


Unbedankt

Dieser Einsatz blieb unbedankt: Die Grünen verloren bei der Nationalratswahl 6 Prozent. Wählerstromanalysen zeigen, dass viele grünaffine Wähler:innen vor allem in Wien zur SPÖ gewechselt sind. Die Koalitionstreue zu einer ÖVP, die die Aufnahme von unbegleiteten Kindern aus Moria verweigerte und gleichzeitig hier aufgewachsene Mädchen mitten in der Nacht abschieben lässt, wurde und wird den Grünen vorgeworfen. Diese emotionsgeladenen und wirkmächtigen Bilder sind aber nur ein Teil der Realität der vergangenen fünf Jahre. Sie sind aber so präsent wie die ÖVP-Debatte um die vermeintliche Arbeitspflicht für Asylwerber:innen und die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende. Mit all diesen Themen wurde von der ÖVP Stimmung gemacht, rechtswidrige staatliche Maßnahmen ohne Nachhaltigkeit gesetzt und inhaltlich austauschbare Pressekonferenzen befüllt. Regierungsprogramm wurde dadurch keines umgesetzt.

Ob eine selbstbewusste, proaktive Kommunikation zu einer menschenrechtorientierten und vernunftgeleiteten Asyl- und Integrationspolitik der Grünen etwas geändert hätte kann an dieser Stelle nicht befriedigend beantwortet werden. Zweifellos sind aber die Bemühungen und das Ergebnis der grünen Regierungsbeteiligung im Asyl- und Integrationsbereich der letzten fünf Jahre krass unterschätzt: Es war nicht die Umsetzung von Leuchtturmprojekten, sondern das hartnäckige Verfolgen und Umsetzen kleiner praktischer Schritte, durch die sich die Grünen Glaubwürdigkeit erarbeitet haben. Und diese ist längerfristig von größerer Bedeutung als Dank.

Dieser Text ist auch in gedruckter Form in der Zeitschrift asyl aktuell 3 2024 erschienen.

Kontakt und Information

Bild Lukas Gahleitner-Gertz mit Link zur Seite von Lukas Gahleitner-GertzLukas Gahleitner-Gertz
T 01 53 212 91 - 15
gahleitner@asyl.at






 




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