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7.11.2023

Handelsgericht Wien: Kritik von SOS Balkanroute korrekt und „dringend“, ICMPD „unprofessionell und widersprüchlich“

Der blamable Einschüchterungsversuch der umstrittenen internationalen Organisation ICMPD zeigt den Aufklärungsbedarf in der europäischen Asyl- und Grenzpolitik auf. Für sein Engagement rund um die Bekämpfung des Skandal-Projekts in den bosnischen Bergen bekommt Rosandić am 20. November den Ferdinand-Berger-Preis vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) verliehen. Die Verleihung fand  um im Wappensaal des Wiener Rathauses statt. Hier klicken auf die fulminante Dankesrede

WIEN/SARAJEVO (OTS) - "Es geht nicht an, dass durch die Zwischenschaltung einer Organisation das Handeln der EU und ihrer Mitgliedstaaten dem notwendigen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit entzogen werden könnte.

Die Klage der ÖVP-nahen internationalen Organisation ICMPD gegen den Verein SOS Balkanroute und ihren Gründer Petar Rosandić wegen Kritik am illegalen Gefängnisbau in Lipa, Bosnien-Herzegowina, wurde bereits im Sommer vom Handelsgericht Wien abgewiesen. ICMPD meldete Berufung an, doch nun liegt auch die schriftliche Urteilsausfertigung vor. Diese ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten:

Eine bestehende Baugenehmigung für den Hafttrakt kann nicht festgestellt werden. Ein rechtlicher Rahmen als Grundlage für entsprechende Anhaltungen (…) besteht nicht,“ stellte das Gericht nach umfassender Beweisaufnahme fest. „Der Vergleich des Lagers mit Guantánamo als Synonym für einen rechtsfreien Raum ohne rechtsstaatliche Prinzipien, in dem Menschen ihrer Rechte beraubt stranden können", ist „im Kern treffend“ und „nicht zu beanstanden.“

Watsche für ICMPD
„Auch wenn der Prozess unseren Verein und mich an den Rand der Existenz brachte, hat er nun dazu beigetragen, eine breite Öffentlichkeit für die menschenfeindliche und illegale Politik an den EU-Außengrenzen zu schaffen. Unser Aufschrei und unsere Kritik war nicht nur zulässig, sondern auch dringend notwendig: Die sehr sorgfältig begründete Gerichtsentscheidung stärkt und schützt die Tätigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen dort, wo es Missstände gibt“ stellt Petar Rosandić fest.

„Das Gericht hat die Mitverantwortung von ICMPD als Errichter des Gefängnisses klar erkannt: Die Wehleidigkeit der internationalen Organisation, das an diesem illegalen Projekt ungeniert Steuergeld im Empfang genommen hat, ist eine Unverschämtheit. Denn zu Recht hat das Gericht daher festgestellt, dass die Behandlung von Asylsuchenden und das Inhaftieren von Menschen nie Privatsache ist. Auch die Umstände des Baus eines dafür gedachten Hafttraktes stehen daher im öffentlichen Interesse,“ hält SOS Balkanroute fest.
Aufklärungsbedarf bei der EU

In dem Verfahren stand auch die Politik der Europäischen Kommission, die ICMPD mit dem Bau beauftragt hat, auf dem Prüfstand: „Wenn öffentliche Auftritte und Erklärungen wie des EU-Kommissars Varhelyi [Anm: der von der Inhaftierung von „fake asylum seekers“ gesprochen hat], die rechtlich unvertretbar sind, bedarf es dringend einer öffentlichen Kritik und einer dadurch angestoßenen Diskussion“, so das Handelsgericht Wien.

„"Es ist von großer Bedeutung, dass hier auch die offen rechtswidrige Pushback-Politik Kroatiens und die Förderung bzw Duldung durch die Europäische Kommission und der Republik Österreich offen angesprochen wird." Gerade für eine Organisation wie ICMPD, die ja für sich beansprucht, Expertise in diesem Bereich zu haben und öffentliche Aufträge erhält, reicht es dann nicht, sich taub, blind und stumm zu stellen“, so Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination österreich, der Dachorganisation zivilgesellschaftlicher Organisationen im Asyl- und Integrationsbereich.

„Die Pushbacks, die wir seit Jahren beobachten und anprangern, müssen aufhören. Ebenso klar im 18 Seiten langen Urteil ist auch die Mitverantwortung Österreichs für die unmenschlichen Zustände und Dynamiken entlang der EU-Außengrenze benannt“, hält SOS Balkanroute fest.

Berechtigte, notwendige und korrekte Kritik
„Das Gericht hat sorgfältig herausgearbeitet, dass die inkriminierte Kritik klar darauf abgezielt hat, durch die Mitteilung der Umstände und Hintergründe öffentlichen Druck aufzubauen, um die Inbetriebnahme des Hafttraktes zu verhindern. Die Bezeichnung des Gefängnisses als „österreichisches Guantanamo‘ ist ein Synonym für einen rechtsfreien Raum ohne rechtsstaatliche Prinzipien, in dem Menschen, ihrer Rechte beraubt, stranden können“, führt Maria Windhager, Rechtsanwältin von SOS Balkanroute und Petar Rosandić, aus. „Ich freue mich sehr, dass das Handelsgericht Wien die Dringlichkeit und die weitreichende Bedeutung dieses gesellschaftspolitischen Anliegens erkannt hat. Das ist ein Riesenerfolg“, sagt Windhager.

Bis heute ist der Gefängnistrakt im Camp Lipa, welches mit 1,1 Millionen österreichischer Steuergelder im „Nirgendwo“ gebaut wurde, nicht in Betrieb. Das Camp selbst befindet sich neben einem Minenfeld, isoliert und abgeschottet, die nächste soziale Infrastruktur ist 27 km entfernt.

Rückfragen & Kontakt:
Petar Rosandić, pero@sos-balkanroute.at, +436607390819

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