NGOs am Weltflüchtlingstag: Handeln statt Jammern!
Anlässlich des Weltflüchtlingstages unterstreichen Stimmen aus der Zivilgesellschaft das langjährige Engagement Österreichs für den Schutz von Geflüchteten. Gemeinsam appellieren sie an die Regierung, nicht länger über vermeintliche Mängel zu klagen und den polarisierenden Diskurs voranzutreiben, sowie den Beitrag der Zivilgesellschaft zu missachten. Stattdessen sollte sie sich darauf konzentrieren, bestehende Vorschläge der Zivilgesellschaft umzusetzen, fordern die Organisationen in einer gemeinsamen Pressekonferenz.
NGOs am Weltflüchtlingstag:
"Regierung muss aufhören zu jammern und anfangen zu handeln"
Österreich muss aktive Rolle in der Umsetzung einer menschenrechtsbasierten Asylpolitik übernehmen und in der EU mit gutem Beispiel vorangehen.
Wien 20.6.2021 — Anlässlich des Weltflüchtlingstages unterstreichen Stimmen aus der Zivilgesellschaft das langjährige Engagement Österreichs für den Schutz von Geflüchteten. Gemeinsam appellieren Amnesty International, asylkoordination österreich, Diakonie Österreich, SOS-Balkanroute, Train of Hope und Volkshilfe an die Regierung, nicht länger über vermeintliche Mängel zu klagen und den polarisierenden Diskurs voranzutreiben, sowie den Beitrag der Zivilgesellschaft zu missachten. Stattdessen sollte sie sich darauf konzentrieren, bestehende Vorschläge der Zivilgesellschaft umzusetzen, fordern die Organisationen in einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Österreich ist ein Land mit einer starken humanitären Tradition und hat in der Vergangenheit immer einen wichtigen Beitrag geleistet, wenn Menschen vor Krieg und Verfolgung flüchten mussten, so die NGOs unisono: „Die österreichische Zivilgesellschaft hat sich stets für Menschen in Not eingesetzt. Dabei hat sie vor allem in den letzten Jahren eine zentrale Rolle bei der erfolgreichen Aufnahme und Betreuung von Geflüchteten gespielt und Versäumnisse seitens des Staates kompensiert“.
Aufhören mit dem Jammern
Die Organisationen fordern die Regierung auf, den Willen und die Bereitschaft zu zeigen, die Situation zu verbessern, anstatt die anerkennenswerten Leistungen Österreichs und insbesondere das Engagement der österreichischen Zivilgesellschaft zu ignorieren und in ein schlechtes Licht zu rücken.
Vor diesem Hintergrund appellieren die Organisationen an die Regierung, insbesondere an Innenminister Karner, die Kultur des Jammerns und Klagens inklusive Abschiebe-Rhetorik und Symbolpolitik zu beenden und stattdessen eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und zwischen Bund, Ländern und den europäischen Institutionen zu fördern.
Die Fluchtbewegung aus der Ukraine habe erneut gezeigt, dass die Zivilgesellschaft ein unerlässlicher Pfeiler in der Versorgung und Betreuung von Geflüchteten sei. „Ohne die Zivilgesellschaft, die an Bahnhöfen, in Ankunftszentren oder bei der Aufnahme und Unterstützung von Vertriebenen in Gemeinden ohne Zögern aktiv wurde, wäre die Versorgung von zehntausenden Vertriebenen aus der Ukraine deutlich schlechter gelungen“, sagt Nina Andresen von Train of Hope.
Solidarität spart Geld – Asylstatistiken irreführend
„Die Solidarität und der Beitrag der österreichischen Zivilgesellschaft haben dem Staat viel Geld und organisatorischen Aufwand erspart. Nur bitte hören wir endlich auf, Asylanträge von Menschen zu zählen, die gar nicht in Österreich sind“, kritisiert Christoph Riedl, Asyl-Experte der Diakonie, den Umgang der Regierung mit irreführenden Asylstatistiken.
„Im vergangenen Jahr befanden sich nie mehr als 23.000 Asylsuchende in der staatlichen Grundversorgung, in der sie aber unter teilweise katastrophalen Bedingungen untergebracht waren,“ betont er, und fordert einmal mehr „eine Totalreform des Unterbringungssystems, damit es endlich dem jeweiligen Betreuungsbedarf der, vielfach auch alten Menschen und Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten und unbegleiteten geflüchteten Kindern, gerecht wird. Letztere werden im derzeitigen System der Verwahrlosung preisgegeben“.
Zugang zum Arbeitsmarkt Wirklichkeit werden lassen
Ergänzend dazu kritisiert die Volkshilfe, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt vielfach nur auf dem Papier bestehe, und mahnt ein Ende des „Ersatzkräfteverfahrens” für Menschen schon während des Asylverfahrens ein. Diese sogenannte „Arbeitsmarktprüfung“ regele, dass Asylwerber*innen erst dann einen Job bekommen könnten, wenn keine Österreicher*innen, EWR-Bürger*innen oder Drittstaatenangehörige mit Aufenthaltserlaubnis dafür gefunden werden könnten. „Angesichts des Arbeitskräftemangels ist ein voller Zugang zum Arbeitsmarkt das Gebot der Stunde“, so Silvia Zechmeister von der Volkshilfe Wien.
Scheindebatten über Asylaberkennungen und Abschiebungen beenden
Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination österreich fordert ein, dass kurzfristiges politisches Kalkül nicht länger Vorrang vor dem Wohlergehen von Geflüchteten und Menschenrechtsstandards haben dürften. Dazu zählten menschenwürdige Versorgung ebenso wie faire Asylverfahren.
„Die österreichische Bevölkerung hat genug von den unrealistischen, nicht umsetzbaren Auslagerungs- und Abschiebungsluftschlössern des Innenministers. Ständig die eigene Überforderung in die Auslage zu stellen reicht nicht: Der Innenminister wäre gut beraten, dass der von ihm vor Weihnachten angekündigte Teuerungsausgleich endlich bei den privaten Quartiergeber*innen ankommt anstatt den fremdenfeindlichen Diskurs zu befeuern“, so Gahleitner- Gertz.
„Anhaltendes Theoretisieren über faktisch und rechtlich unmögliche Abschiebungen in Krisenländer wie Afghanistan und Syrien, mehr menschenverachtende Asylantragszentren an der EU-Außengrenze sowie die ständige Instrumentalisierung von Straftaten verstellen den Blick auf das Wesentliche. Wir brauchen nicht mehr und komplizierte Regeln, die zu einer Entrechtung der Betroffenen führen – sondern endlich die Einhaltung des Rechts durch die Mitgliedstaaten und die Sanktionierung von Verstößen dagegen“, so Gahleitner- Gertz.
Obsorge für unbegleitete Jugendliche Flüchtlinge ab dem ersten Tag
Als „menschenrechtliche Bankrotterklärung“ erklärt Stephan Handl, Asyl-Experte von Amnesty International, das Verschwinden von geflüchteten Kindern. „Es ist inakzeptabel, dass geflüchtete Kinder zu Tausenden verschwinden, ohne dass jemand Verantwortung dafür übernimmt. Die österreichische Regierung hat seit Langem Maßnahmen für eine schnelle Übernahme der Obsorge durch die Kinder- und Jugendhilfen angekündigt, und es liegt nun an ihr, dieses Versprechen endlich in die Tat umzusetzen.”
Recht auf ein faires Asylverfahren sichern
„Nicht nur in Österreich, sondern auch an den Außengrenzen muss das Recht auf das Stellen eines Asylantrages und auf ein faires Verfahren entsprechend den europäischen und internationalen Rechtsvorschriften gewährleistet bleiben“, sagt Petar Rosandić von SOS Balkanroute.
„Deshalb muss sich die österreichische Polizei aus den Einsätzen in Ungarn und Serbien zurückziehen, weil es dort systematisch zu Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen kommt. Stattdessen bedarf es eines unabhängigen Monitorings, welches die Einhaltung der Menschenrechte garantiert“, so der Sprecher von SOS Balkanroute.
Angesichts der weltweit steigenden Zahl von Menschen, die aufgrund von Konflikten, Verfolgung und lebensbedrohlichen Umständen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, müsse Österreich eine aktive Rolle in der Umsetzung einer menschenrechtsbasierten Asylpolitik übernehmen und mit gutem Beispiel vorangehen, appellieren die Organisationen abschließend gemeinsam an die Bundesregierung.
"Regierung muss aufhören zu jammern und anfangen zu handeln"
Österreich muss aktive Rolle in der Umsetzung einer menschenrechtsbasierten Asylpolitik übernehmen und in der EU mit gutem Beispiel vorangehen.
Wien 20.6.2021 — Anlässlich des Weltflüchtlingstages unterstreichen Stimmen aus der Zivilgesellschaft das langjährige Engagement Österreichs für den Schutz von Geflüchteten. Gemeinsam appellieren Amnesty International, asylkoordination österreich, Diakonie Österreich, SOS-Balkanroute, Train of Hope und Volkshilfe an die Regierung, nicht länger über vermeintliche Mängel zu klagen und den polarisierenden Diskurs voranzutreiben, sowie den Beitrag der Zivilgesellschaft zu missachten. Stattdessen sollte sie sich darauf konzentrieren, bestehende Vorschläge der Zivilgesellschaft umzusetzen, fordern die Organisationen in einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Österreich ist ein Land mit einer starken humanitären Tradition und hat in der Vergangenheit immer einen wichtigen Beitrag geleistet, wenn Menschen vor Krieg und Verfolgung flüchten mussten, so die NGOs unisono: „Die österreichische Zivilgesellschaft hat sich stets für Menschen in Not eingesetzt. Dabei hat sie vor allem in den letzten Jahren eine zentrale Rolle bei der erfolgreichen Aufnahme und Betreuung von Geflüchteten gespielt und Versäumnisse seitens des Staates kompensiert“.
Aufhören mit dem Jammern
Die Organisationen fordern die Regierung auf, den Willen und die Bereitschaft zu zeigen, die Situation zu verbessern, anstatt die anerkennenswerten Leistungen Österreichs und insbesondere das Engagement der österreichischen Zivilgesellschaft zu ignorieren und in ein schlechtes Licht zu rücken.
Vor diesem Hintergrund appellieren die Organisationen an die Regierung, insbesondere an Innenminister Karner, die Kultur des Jammerns und Klagens inklusive Abschiebe-Rhetorik und Symbolpolitik zu beenden und stattdessen eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und zwischen Bund, Ländern und den europäischen Institutionen zu fördern.
Die Fluchtbewegung aus der Ukraine habe erneut gezeigt, dass die Zivilgesellschaft ein unerlässlicher Pfeiler in der Versorgung und Betreuung von Geflüchteten sei. „Ohne die Zivilgesellschaft, die an Bahnhöfen, in Ankunftszentren oder bei der Aufnahme und Unterstützung von Vertriebenen in Gemeinden ohne Zögern aktiv wurde, wäre die Versorgung von zehntausenden Vertriebenen aus der Ukraine deutlich schlechter gelungen“, sagt Nina Andresen von Train of Hope.
Solidarität spart Geld – Asylstatistiken irreführend
„Die Solidarität und der Beitrag der österreichischen Zivilgesellschaft haben dem Staat viel Geld und organisatorischen Aufwand erspart. Nur bitte hören wir endlich auf, Asylanträge von Menschen zu zählen, die gar nicht in Österreich sind“, kritisiert Christoph Riedl, Asyl-Experte der Diakonie, den Umgang der Regierung mit irreführenden Asylstatistiken.
„Im vergangenen Jahr befanden sich nie mehr als 23.000 Asylsuchende in der staatlichen Grundversorgung, in der sie aber unter teilweise katastrophalen Bedingungen untergebracht waren,“ betont er, und fordert einmal mehr „eine Totalreform des Unterbringungssystems, damit es endlich dem jeweiligen Betreuungsbedarf der, vielfach auch alten Menschen und Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten und unbegleiteten geflüchteten Kindern, gerecht wird. Letztere werden im derzeitigen System der Verwahrlosung preisgegeben“.
Zugang zum Arbeitsmarkt Wirklichkeit werden lassen
Ergänzend dazu kritisiert die Volkshilfe, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt vielfach nur auf dem Papier bestehe, und mahnt ein Ende des „Ersatzkräfteverfahrens” für Menschen schon während des Asylverfahrens ein. Diese sogenannte „Arbeitsmarktprüfung“ regele, dass Asylwerber*innen erst dann einen Job bekommen könnten, wenn keine Österreicher*innen, EWR-Bürger*innen oder Drittstaatenangehörige mit Aufenthaltserlaubnis dafür gefunden werden könnten. „Angesichts des Arbeitskräftemangels ist ein voller Zugang zum Arbeitsmarkt das Gebot der Stunde“, so Silvia Zechmeister von der Volkshilfe Wien.
Scheindebatten über Asylaberkennungen und Abschiebungen beenden
Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination österreich fordert ein, dass kurzfristiges politisches Kalkül nicht länger Vorrang vor dem Wohlergehen von Geflüchteten und Menschenrechtsstandards haben dürften. Dazu zählten menschenwürdige Versorgung ebenso wie faire Asylverfahren.
„Die österreichische Bevölkerung hat genug von den unrealistischen, nicht umsetzbaren Auslagerungs- und Abschiebungsluftschlössern des Innenministers. Ständig die eigene Überforderung in die Auslage zu stellen reicht nicht: Der Innenminister wäre gut beraten, dass der von ihm vor Weihnachten angekündigte Teuerungsausgleich endlich bei den privaten Quartiergeber*innen ankommt anstatt den fremdenfeindlichen Diskurs zu befeuern“, so Gahleitner- Gertz.
„Anhaltendes Theoretisieren über faktisch und rechtlich unmögliche Abschiebungen in Krisenländer wie Afghanistan und Syrien, mehr menschenverachtende Asylantragszentren an der EU-Außengrenze sowie die ständige Instrumentalisierung von Straftaten verstellen den Blick auf das Wesentliche. Wir brauchen nicht mehr und komplizierte Regeln, die zu einer Entrechtung der Betroffenen führen – sondern endlich die Einhaltung des Rechts durch die Mitgliedstaaten und die Sanktionierung von Verstößen dagegen“, so Gahleitner- Gertz.
Obsorge für unbegleitete Jugendliche Flüchtlinge ab dem ersten Tag
Als „menschenrechtliche Bankrotterklärung“ erklärt Stephan Handl, Asyl-Experte von Amnesty International, das Verschwinden von geflüchteten Kindern. „Es ist inakzeptabel, dass geflüchtete Kinder zu Tausenden verschwinden, ohne dass jemand Verantwortung dafür übernimmt. Die österreichische Regierung hat seit Langem Maßnahmen für eine schnelle Übernahme der Obsorge durch die Kinder- und Jugendhilfen angekündigt, und es liegt nun an ihr, dieses Versprechen endlich in die Tat umzusetzen.”
Recht auf ein faires Asylverfahren sichern
„Nicht nur in Österreich, sondern auch an den Außengrenzen muss das Recht auf das Stellen eines Asylantrages und auf ein faires Verfahren entsprechend den europäischen und internationalen Rechtsvorschriften gewährleistet bleiben“, sagt Petar Rosandić von SOS Balkanroute.
„Deshalb muss sich die österreichische Polizei aus den Einsätzen in Ungarn und Serbien zurückziehen, weil es dort systematisch zu Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen kommt. Stattdessen bedarf es eines unabhängigen Monitorings, welches die Einhaltung der Menschenrechte garantiert“, so der Sprecher von SOS Balkanroute.
Angesichts der weltweit steigenden Zahl von Menschen, die aufgrund von Konflikten, Verfolgung und lebensbedrohlichen Umständen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, müsse Österreich eine aktive Rolle in der Umsetzung einer menschenrechtsbasierten Asylpolitik übernehmen und mit gutem Beispiel vorangehen, appellieren die Organisationen abschließend gemeinsam an die Bundesregierung.