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21.11.2022

Familienzusammenführung

Die Familie ist für die meisten Menschen wichtiger Rückhalt, sie gibt Sicherheit und Stabilität – auch auf der Flucht oder nach der Ankunft in einem sicheren Land. UNHCR-Studien zeigen, dass geflüchtete Familien sich leichter in die Gastgesellschaft integrieren und die Sprache schneller lernen als Menschen, die sich ständig Sorgen um die Zurückgebliebenen machen müssen.

Menschenrecht auf Familie


Die Bedeutung der Familie spiegelt sich auch in verschiedenen Gesetzen und internationalen Vertragswerken wider.
Die Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen definieren die Familie als Grundeinheit der Gesellschaft, die der Staat zu schützen hat. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) spricht in ihrem Artikel 8 von der Achtung des Privat- und Familienlebens. In der Europäischen Sozialcharta verpflichten sich die Mitgliedstaaten, den wirtschaftlichen, gesetzlichen und sozialen Schutz des Familienlebens zu fördern. Die österreichische Verfassung garantiert jedem Kind Schutz und Fürsorge und eine regelmäßige persönliche Beziehung zu beiden Elternteilen.
Nicht alle Familien können gemeinsam flüchten. Oft machen sich Väter oder junge Männer allein auf die beschwerliche und gefährliche Reise. Sind sie in Sicherheit, wird die Familie nichts unversucht lassen, um gemeinsam leben zu können. Wenn dies nicht auf legalem Weg passieren kann, müssen auch die anderen Familienmitglieder auf gefährlichen Fluchtwegen mit Unterstützung teurer Fluchthelfer:innen flüchten.
 

Geschichtliches


Das Jahr 1993: Jörg Haider stellt 12 Forderungen in seinem Österreich-zuerst-Volksbegehren und im selben Jahr tritt ein Aufenthaltsgesetz in Kraft, das den Neuzuzug von ausländischen Staatsbürger:innen regelt – und damit das Recht auf Familienzusammenführung. Erstmals wurden mit diesem Gesetz die verschiedenen Aufenthaltstitel festgelegt und auch Quoten für den Familiennachzug eingeführt. Seither wurden in mehreren Gesetzesnovellen immer neue Bedingungen an einen Aufenthalt in Österreich und damit an einen Nachzug der Familie gestellt, etwa die Bedingung, bereits vor der Einreise Deutschkurse zu absolvieren.
Für die Familienangehörigen von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten galt und gilt aber nicht das Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht, für sie gibt es spezielle Bestimmungen im Asylgesetz. Asylberechtigte dürfen ihre Familienmitglieder nachholen, sobald sie einen positiven Asylbescheid bekommen haben. Für subsidiär Schutzberechtigte ist eine Familienzusammenführung wesentlich schwieriger. Die letzte Änderung des Asylgesetzes im Juni 2016 brachte eine erneute Verschärfung: Subsidiär Schutzbedürftige können ihre Familie seither frühestens nach drei Jahren nachholen.


Voraussetzungen


Das Asylgesetz definiert den Begriff der Familie sehr eng, Vater, Mutter und minderjährige Kinder gehören zu dieser Kernfamilie. Eltern dürfen nach einem positiven Asylbescheid ihre minderjährigen unverheirateten Kinder nachholen, Männer bzw. Frauen ihre Ehepartner:innen und asylberechtigte Minderjährige
ihre Eltern. Seit 2017 ist ein Hindernis weggefallen, seither reicht es, dass die Ehe vor der Einreise der:des Schutzberechtigten nach Österreich bestanden hat, die Ehe muss nicht im Heimatland geschlossen worden sein. Geschwister oder volljährige Kinder fallen nicht unter diesen sehr engen Familienbegriff. Die Kinder müssen zum Zeitpunkt des Antrags auf Familienzusammenführung minderjährig sein. Wenn sie während des Verfahrens volljährig werden, dürfen sie trotzdem einreisen.
Die Behörden verlangen Dokumente, die das Verwandtschaftsverhältnis dokumentieren. Fehlen solche, können zum Nachweis der „Blutsverwandtschaft“ von den Behörden DNA-Tests verlangt werden. Kosten für DNA-Tests müssen vorgestreckt werden und werden bei positivem Ergebnis refundiert. Schwierig ist oft der Nachweis einer nur traditionell-religiös geschlossenen Ehe oder eingetragenen Partnerschaft. Traditionelle Heiraten werden oft nicht anerkannt. Bei Mehrfachehen darf nur eine Ehepartnerin nachziehen.
Wurde die Ehe erst nach der Flucht der Person geschlossen, die eine positive Entscheidung in Österreich erhalten hat, richtet sich die Familienzusammenführung nach dem strengeren Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz.
 

Die Fristen


Innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung von Asyl müssen Familienangehörige, die im Ausland geblieben sind, den Antrag bei der österreichischen Botschaft stellen. Wer diese Frist versäumt, muss weitere Voraussetzungen erfüllen, z. B. ausreichendes Einkommen, ortsübliche Wohnung, Krankenversicherung.
Subsidiär Schutzberechtigte können ihre Familie erst drei Jahre nach der erstmaligen Zuerkennung des Status nachholen, wobei auch ein Einkommens- und Wohnungsnachweis erforderlich ist.


WIE KANN EINE FAMILIE NACHKOMMEN?

 

Der Antrag


Das österreichische Rote Kreuz ist bei der Familienzusammenführung behilflich. Es empfiehlt sich jedenfalls einen Beratungstermin zu vereinbaren, sobald Aussicht auf Familienzusammenführung besteht.
Der Antrag muss im Ausland an einer österreichischen Botschaft gestellt werden. Welche Botschaft zuständig ist, richtet sich nach dem Wohnsitz der Antragsteller:innen und kann auf der Website des BMEIA eingesehen werden. Der Antrag kann, zwecks Wahrung der dreimonatigen Frist, schriftlich eingebracht werden. Es wird dann ein Termin vereinbart. Die Kosten für die Reise zur zuständigen Botschaft muss die Familie selbst tragen. Die Botschaft nimmt den Antrag auf und leitet ihn an das BFA in Österreich weiter.

Das BFA prüft, ob die Antragsteller:innen tatsächlich zur Kernfamilie der Bezugsperson in Österreich gehören. Dazu können sowohl die Familienmitglieder in Österreich (durch das BFA) als auch jene, die nachziehen wollen (an der Botschaft) zum Familienleben befragt werden.
Hält das BFA die Gewährung von Schutz für die Familie für wahrscheinlich, stellt die Botschaft der Familie ein Visum zur Einreise nach Österreich aus. Nach der Einreise in Österreich müssen die Familienmitglieder umgehend (am regionalen BFA) einen Asylantrag stellen und haben für die Dauer des Verfahrens Anspruch auf Grundversorgung. Die Verfahren dauern meist etliche Monate, oft auch über ein Jahr.
 

Dokumente


Folgende Dokumente muss die Familie bei der österreichischen Botschaft zusammen mit dem Antrag einreichen:
  • Gültige Reisedokumente, in den meisten Fällen ein Pass
  • Geburtsurkunde
  • Zwei aktuelle Passfotos
  • Nachweis über die Verwandtschaft, etwa eine Heiratsurkunde

Bei Versäumnis der 3-Monats-Frist für den Einreiseantrag seitens der Angehörigen von Asylberechtigten sowie bei Angehörigen von subsidiär Schutzberechtigten müssen außerdem noch vorgelegt werden:
  • Mietverträge als Nachweis, dass die Familie in Österreich eine ortsübliche Unterkunft hat
  • ein Gehaltszettel
  • der Nachweis über eine Krankenversicherung
 

Einkommenshürde


Bei Versäumnis der 3-Monats-Frist für den Einreiseantrag seitens der Angehörigen von Asylberechtigten sowie bei Angehörigen von subsidiär Schutzberechtigten müssen weitere Voraussetzungen erfüllt werden:

Es darf keine Mindestsicherung bezogen werden und es muss ein regelmäßiges Einkommen nachgewiesen werden, abhängig von der Größe der Familie und der Höhe der Wohnungsmiete. Für ein Ehepaar sind das zurzeit (2022) EUR 1.625,71 netto, dazu kommen für jedes Kind EUR 159 und die Miete (mindestens EUR 309,93, auch wenn man gratis wohnt). Außerdem muss die:der Schutzberechtigte nachweisen, dass die Wohnung, in der die Familie leben möchte, groß genug ist und eine Krankenversicherung besteht.
Die Verwaltungskosten für die Bearbeitung des Antrags liegen derzeit bei etwas mehr als EUR 100. Die Kosten für die Reise müssen die Betroffenen selbst aufbringen.
 

Welche Möglichkeiten haben Fluchtwaisen?


Die Eltern bzw. gesetzlichen Vertreter:innen von Minderjährigen, denen Asyl zugesprochen wurde, können sofort einen Antrag stellen. Auch wenn der:die Fluchtwaise volljährig wird (allerdings als Fluchtwaise den Asylantrag stellte), gibt es noch Möglichkeiten, die Familie nachzuholen.
Für subsidiär Schutzberechtigte gilt seit der letzten Gesetzesreform im Jahr 2016 eine dreijährige Wartefrist, bis sie ihre Familienangehörigen nachholen können. Für Jugendliche, die bereits 15 Jahre alt sind, bedeutet das, dass sie erst mit 18 Jahren einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen können. Zu diesem Zeitpunkt sind sie allerdings bereits volljährig. Als Erwachsene haben sie aber keinen Anspruch mehr darauf, ihre Eltern nach Österreich zu holen.
 

Anträge von Familienangehörigen stark gestiegen


Bis zum Jahr 2012 wurden jährlich weniger als tausend Anträge auf Familienzusammenführungen nach dem Asylgesetz gestellt. Seither ist diese Zahl stark gestiegen, was hauptsächlich auf den starken Anstieg der Asylanträge zurückgeht.
2016 erreichten die Anträge auf Familienzusammenführung einen Höchststand (9.494), 2017 gingen die Zahlen wieder stark zurück (4.405). Bei weitem die meisten Anträge betrafen im Jahr 2017 Familienangehörige aus Syrien (2.925), gefolgt von Irak (406), Afghanistan (395) und Somalia (178).


 




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