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29.3.2023

(Neue) Bücher zu Asyl und Migration - Ein kommentierter Überblick

An dieser Stelle werden aktuelle Bücher zum Thema "Asyl" vorgestellt. "Asyl Faq" und Co.
Die Titel reichen vom optimistischen "So  schaffen wir das" bis zum kritisch-pessimistischen "Die Asyllotterie". Ein kommentierter Überblick
Thomas Haunschmid

Harald J. Jauk, Sarala Seneviratne (Hg.)
Asyl FAQ. Das österreichische Asylverfahren einfach erklärt


als Q&A beantwortet Asyl-FAQ die wichtigsten Fragen zum österreichischen Asylrecht und -verfahren (auch in zweiter und dritter Instanz) in einfacher und verständlicher Sprache.Angewandt-praktisch mit vielen Tipps zu Verfahren, Integration, (Fort-)Bildung und Gesundheit wird so möglichst vielen Personen ein niederschwelliger Zugang zu rechtlicher Information geboten.Der Erlös dieses Buchs kommt ehrenamtlicher Vereinstätigkeit im Asylrechtsbereich zugute.Vienna Law Clinics (VLC) ist ein an der Universität Wien verankerter gemeinnütziger Verein. Student:innen und Absolvent:innen eines rechtswissenschaftlichen Studiums engagieren sich in Beratung, Recherche und Bewusstseinsbildung in unterschiedlichen Rechtsbereichen (Refugee Law Clinic & Startup Law Clinic).

Die Meinung unserer Rechtsexpertin Katharina Glawischnig: Auf 100 Seiten findet man in diesem Buch das österreichische Asylsystem zusammengefasst. Die einzelnen Kapitel sind in kurze Fragen aufgeteilt, die auch für Laien verständlich aufbereitet sind. Es beginnt mit der Erklärung der diversen Begrifflichkeiten und geht weiter mit dem Zulassungsverfahren bis hin zu den Verfahren vor den Höchstgerichten. Neben rechtlichen Informationen finden sich auch hilfreiche Tipps, wie, was man tun kann, wenn das Protokoll mangelhaft ist und es werden praktische Fragen beantwortet, wie, warum Verfahren so lange dauern. Neben dem Asylverfahren werden andere nützliche Themen behandelt, zum Beispiel die Krankenversicherung, Bildung oder der Führerschein.
Alles in Allem handelt es sich um eine sehr gute Einsteigerlektüre beispielsweise für Ehrenamtliche oder all jene die im Sozialbereich tätig sind und Fragen von Klient:innen nachschlagen möchten. Die erste Auflage ist online abrufbar und ist in die häufigsten Sprachen der Antragsteller:innen übersetzt, sowie in der Version Deutsch einfache Sprache verfügbar.






Koopmann | Schriever (Hg.) Intersektionale Perspektiven auf Flucht und Anerkennung

Im Kontext von Flucht_Migration und Aufnahmeprozessen gewinnt die Frage nach gesellschaftlicher Anerkennung eine besondere Relevanz. Der Sammelband thematisiert unterschiedliche Dimensionen, Bedeutungsebenen und Praxen von (Nicht-)Anerkennung in ihren intersektionalen Verschränkungen. Der Band richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachgebieten wie z.B. Flucht- und Migrationsforschung, Gender Studies, Soziologie, Bildungs- und Sozialwissenschaften, die ein Interesse an migrationsgesellschaftlichen und anerkennungstheoretischen Fragestellungen haben. Zudem spricht der Band Praktikerinnen und Praktiker an, die sich mit strukturellen Anerkennungsmöglichkeiten und -grenzen im Kontext von Flucht und Migration auseinandersetzen.



Othmar Karas/Judith Kohlenberger (Hg.)
So schaffen wir das

Othmar Karas, Erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments, und Judith Kohlenberger, Migrationsforscherin an der WU Wien, legen gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Politik und Wissenschaft pragmatische Vorschläge zur Lösung der größten humanitären Herausforderung unserer Zeit vor. Ohne linke und rechte Emotionen zeigen sie, wie sich Zuwanderung und Flucht in einer modernen, den Menschenrechten verpflichteten Demokratie organisieren lassen.

Unsere Meinung: Ein LeseTipp! Nicht nur weil asylkoordinations-Sprecher Lukas Gahleitner-Gertz einen spannenden Beitrag über Push Backs verfasst hat und unsere Freundin und Mitstreiterin brilliant wie immmer analysiert und als Co-Herausgeberin fungiert. Die Texte sind am Schluss mit klarformulierten Forderungen versehen, können also durchaus als Handbuch für Kolleg:innen bzw. auch als Pflichtlektüre für heimische (Europa)-Politiker:innen dienen. Stichwort: "Schaffung legaler Fluchtwege"

Rezensionen:
"Resümierend lässt sich sagen, dass Karas und Kohlenberger ein Standardwerk mit ausgezeichneten Texten zu Migration und Asyl vorlegen. Auch To-do-Optionen fehlen nicht."  
Falter
Standard



Gerald Knaus: Wir und die Flüchtlinge
Während Flüchtlinge immer öfter als politisches Druckmittel instrumentalisiert werden – etwa bei der russischen Invasion der Ukraine oder im Syrien-Krieg – wird bei größeren Fluchtbewegungen in Europa rasch die Frage aufgeworfen: Gefährdet irreguläre Migration die Demokratie?
Gerald Knaus zeigt nun auf, wie sehr Wahrnehmung und Wirklichkeit beim Thema Flucht und Migration auseinanderklaffen. Seine Bestandsaufnahme legt offen: Flüchtlingspolitik in Europa ist eine Politik der Gewalt. Hier Tote im Mittelmeer, Misshandlungen durch Staatsorgane und Pushbacks, dort Menschen, die als politische Waffe instrumentalisiert werden, und die geschürte Angst vor einer „unkontrollierten Massenmigration“.
Die fundiert recherchierte Analyse des Migrationsexperten führt zu erstaunlichen Befunden – und macht Hoffnung: Eine überzeugende und umsetzbare Strategie humaner Kontrolle der Grenzen ist möglich. Beginnen wir damit.
„Jede entwickelte Demokratie verkraftet es, im Jahr 1.500 Flüchtlinge pro eine Million Einwohnerinnen und Einwohner aufzunehmen, wenn dies organisiert und kontrolliert verläuft. Das zu erreichen, ist eine realistische Utopie.“
Gerald Knaus im Gespräch mit Robert Misik (Kreisky Forum)




Ruud Koopmanns
Die Asyl-Lotterie
Eine Bilanz der Flüchtlingspolitik von 2015 bis zum Ukraine-Krieg
Das europäische Asyl-System ist zum Lotteriespiel geworden: Geographische Lage, Geld, Fitness und Glück auf dem gefährlichen Land- und Seeweg bestimmen, wer es an die Grenze schafft, Asyl beantragen und einwandern kann. Ruud Koopmans, niederländischer Sozialwissenschaftler, Professor für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin und Vorsitzender des Kuratoriums des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung,  sagt, dass wir so nicht den Hilfsbedürftigsten helfen und uns zahlreiche Probleme bei der Integration einhandeln. Seine schonungslose Bilanz endet mit einem bestechenden Vorschlag, wie es auch anders ginge – "wenn wir nur den Mut dazu haben".

Unsere Meinung:
In einigen Belangen geben wir Koopmanns recht. Sein Vorschlag "Asyl à la Australien"
(Flüchtlinge auf eine abgelegene Phospor-Insel, Anm. Siehe auch Presse-Interview unten!) ist aber klar abzulehnen.


Rezensionen:
Radio Eins Rbb
DLF Kultur
Falter
Interview in der Presse


Judith Kohlenbergers "Fluchtparadox" 
Über unseren widersprüchlichen Umgang mit Vertreibung und Vertriebenen
Kremayr & Scheriau

ORF Topos zu "Fluchtparadox"
Das im August 2022 erschienen Buch ist für Deutschen Sachbuchpreis nominiert.Die Kulturwissenschafterin Judith Kohlenberger (36) vom Institut für Sozialpolitik der WU Wien ist mit ihrem bei Kremayr & Scheriau im August 2022 erschienenen Buch "Das Fluchtparadox. Über unseren widersprüchlichen Umgang mit Vertreibung und Vertriebenen" für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert. Ihr Buch wurde bereits bei den österreichischen "Wissenschaftsbüchern des Jahres" in der Kategorie "Geistes-, Sozial-, Kulturwissenschaft" ausgezeichnet.
Unter den acht von einer Jury aus 231 Titeln von 128 Verlagen ausgewählten Titeln befinden sich weiters Bücher von Omri Boehm ("Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität"), Teresa Bücker ("Alle_Zeit. Eine Frage von Macht und Freiheit"), Ewald Frie ("Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland"), Meron Mendel ("Über Israel reden. Eine deutsche Debatte"), Hanno Sauer ("Moral. Die Erfindung von Gut und Böse"), Martin Schulze Wessel ("Der Fluch des Imperiums. Die Ukraine, Polen und der Irrweg in der russischen Geschichte") und Elisabeth Wellershaus ("Wo die Fremde beginnt. Über Identität in der fragilen Gegenwart"). "Klug, weitsichtig, engagiert, kenntnisreich - das zeichnet die nominierten Titel aus", fasste Jurysprecherin Jeanne Rubner am Dienstag in einer Aussendung zusammen. "Sie erhellen aktuelle Debatten und Krisen, schaffen neue Sichtweisen und machen Lösungsvorschläge." Die Preisverleihung findet am 1. Juni im Kleinen Saal der Elbphilharmonie in Hamburg statt. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert, die übrigen sieben Nominierten erhalten je 2.500 Euro. (apa)



Faist, Thomas
Exit
Warum Menschen aufbrechen
C.H.Beck

Die Frage, auf welchem Fleckchen Erde man geboren wurde, ist längst zum Bestimmungsfaktor individueller Lebenschancen geworden. In manchen Weltregionen brechen heute immer mehr Menschen auf, um ihr Glück dauerhaft woanders zu suchen. Was macht das mit ihrer Heimat – und was folgt daraus für die reichen Zielländer im globalen Norden? Der Soziologe Thomas Faist bringt Licht ins Dunkel – und räumt mit einigen grassierenden Mythen zur globalen Migration im 21. Jahrhundert auf.
Der Begriff «Exit» bezeichnet die Entscheidung, die eigene Heimat zu verlassen, weil es dort schlichtweg keine Perspektiven mehr gibt. Sie ist zum politischen Massenphänomen unserer Zeit und vor allem im globalen Süden zu einer Alternative zum sozialen Protest geworden. Die massenhafte Abwanderung aus verarmten Regionen etwa auf dem afrikanischen Kontinent verschärft sich nicht zuletzt infolge des Klimawandels, der den globalen Süden ungleich härter trifft als den globalen Norden. Dadurch entstehen sowohl in den Immigrations- als auch in den Emigrationsländern neue politische Konfliktkonstellationen. Die Fragmentierung der europäischen Parteienlandschaft etwa wäre ohne die neuen Formen globaler Migration im 21. Jahrhundert undenkbar. Auf der anderen Seite wird die weltweite soziale Ungleichheit, die Schere zwischen Nord und Süd, durch immer rigidere Migrationsregime zementiert statt abgemildert. Es bedarf folglich einer neuen, fairen Migrationspolitik, um den Exit im globalen Süden in eine für alle Beteiligten gewinnbringende Mobilität zulenken. Thomas Faist, einer der führenden Migrationsexperten in Europa, legt in seinem Buch die Summe seiner Forschung zum Thema vor.  
Leseprobe


Donatella Di Cesare
Philosophie der Migration
Matthes & Seitz Berlin


Ausschnitt der Ö1-Sendung Diagonal zur Person
Donatella Di Cesare vom Jänner 2023

Eine der wichtigsten europäischen Intellektuellen reflektiert über die entscheidende politische Herausforderung für unser derzeitiges und zukünftiges globales Zusammenleben.
Im neuen Zeitalter der Mauern und Grenzen, in einer mit Internierungslagern für Flüchtlinge übersäten Welt, spricht sich Di Cesare für eine Politik der Gastfreundschaft aus, die sich auf eine Loslösung vom eigenen Wohnort gründet, und umreißt auf diese Weise einen neuen Sinn des Zusammenwohnens in unserer globalisierten Welt.
In der immer noch vom Nationalstaat beherrschten politischen Landschaft sind Migranten die Unwillkommenen und werden beschuldigt, fehl am Platz zu sein, anderen ihren Ort streitig zu machen. Es gibt jedoch kein territoriales Recht, das eine Politik der verallgemeinerten Zurückweisung rechtfertigen könnte. Im Rahmen einer Ethik, die auf globale Gerechtigkeit ausgerichtet ist, reflektiert die italienische Philosophin Donatella Di
luzide die grundlegende Bedeutung des Migrierens und stellt erneut ihre Fähigkeit unter Beweis, in Auseinandersetzung mit analytischen und phänomenologischen Ansätzen direkt in das Herz der Frage zu treffen: Wohnen und Migrieren bilden keine Gegensätze, wie der in den Fängen der alten Gespenster von Blut- und Bodenrecht begriffene Gemeinsinn meint. In einem jeden Migranten ist die Figur des »Ansässigen Fremden« zu erkennen, dem wahren Protagonisten dieses Buches. Di Cesare nimmt die Herausforderung an, die von der Migration für jegliches Verständnis von Gemeinschaft ausgeht, und entdeckt dabei Möglichkeiten, das Zusammenwohnen neu zu denken.
»Philosophie muss die Welt aus den Angeln heben. Davon ist die italienische Philosophin Donatella Di Cesare überzeugt.« – GERD BRENDEL, Deutschlandfunk Kultur


 




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