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                | Grundversorgung – keine klare Linie des Verfassungsgerichtshofs zum Vorrang von EU-Recht  [03.02.2009] |   
                | Ein armenische Ehepaar, das nach dem  rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens einen neuen Asylantrag sowie  einen Antrag auf Grundversorgung stellte, wurde nicht in die  oberösterreichische Grundversorgung aufgenommen ... 
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 ... und erhielt über ihren  diesbezüglichen Antrag auch keine Entscheidung. Der ein halbes Jahr später  gestellte Devolutionsantrag an den UVS wurde als unzulässig zurückgewiesen mit  der Begründung, dass bei Verweigerung, Einschränkung oder Entzug von  Grundversorgungsleistungen binnen vier Wochen die bescheidmäßige Feststellung  durch die Landesregierung verlangt werden kann. Das armenische Ehepaar hat zwar  einen Antrag auf Grundversorgung binnen dieser Frist gestellt, einen Bescheid  im Falle der Verweigerung, die ja tatsächlich vorlag, hätten sie aber extra  verlangen müssen.
 
 Gegen diese Bestimmung des oberösterreichischen Grundversorgungsgesetzes und  die Vorgangsweise des UVS hat der VfGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken,  merkt jedoch an, dass auch bei der Verweigerung der Grundversorgung ein  Antragsteller in eine seine Existenz bedrohende Situation kommen kann (B753/08  ua vom 22.09.2008). Gerade bei der Grundversorgung sollte die Behörde das  Ermittlungsverfahren möglichst rasch abschließen und sofort einen Bescheid  erlassen, rechtswidrig wäre das Abwarten der sechsmonatigen Entscheidungsfrist  des AVG, wenn die Behörde früher hätte entscheiden können. Zu Lasten der  Betroffenen wird ins Treffen geführt, dass sie durch die Nichtvorlage des  negativen UBAS-Bescheides aus dem ersten Asylverfahren ihre Mitwirkungspflicht  verletzt haben und die Verzögerung selbst verursacht haben. Das ist allerdings  eine an den Haaren herbeigezogene Argumentation, denn das Land war über die  Abweisung des Verfahrens informiert und hat infolgedessen auch die  Grundversorgung beendet. Aus der Vorlage dieser Entscheidung lassen sich keine  relevanten Ergebnisse zur Frage gewinnen, ob durch einen weiteren Asylantrag  die Armenier wieder als Asylwerber anzusehen sind, mit der Antragstellung sind  sie Asylwerber. Berührt wird damit aber ein heikler Punkt: laut  Grundversorgungsgesetz besteht kein Leistungsanspruch bei einem weiteren  Asylantrag binnen 6 Monaten, ob dieser als (mißbräuchlicher) Folgeantrag oder  als mit geänderten Umständen begründeter Antrag anzusehen ist, obliegt der  Asylbehörde, und nicht der Landesbehörde, die allein für die Versorgung  zuständig ist.
 Kryptisch fällt das Prüfungsergebnis des VfGH zur Frage aus, ob Rechte aus der  EU Aufnahme-Richtlinie dem oö Grundversorgungsgesetz vorgehen würden. Hier  führt der VfGH zwar an, dass bis zur Erlassung eines Bescheides die  Versorgungsleistungen zu gewähren sind, kann aber aus der Richtlinie kein Recht  auf vorläufige Grundversorgung und ungeachtet des Vorliegens der  Voraussetzungen erkennen.
 Aus der Aufnahme-RL geht jedoch hervor, dass die Mitgliedsstaaten Leistungen  nur dann verweigern können, wenn der Asylantrag nicht möglichst bald nach der  Einreise gestellt wird, was in diesem Fall nicht greift. Bei einem weiteren  Asylantrag ist laut Richtlinie eine Einschränkung oder ein Entzug möglich – das  setzt die Gewährung von Leistungen voraus. Aus der Asylantragstellung ergibt  sich aus der EU Richtlinie somit ein vorläufiges Recht auf Versorgungsleistungen,  die eingeschränkt oder entzogen werden können.
 
 
 Im Gegensatz zum Beschwerdeverfahren der armenischen Familie wurde vom VfGH die  Einschränkung der Grundversorgung für eine tschetschenische als nicht  EU-rechtskonform angesehen (B2024/07 vom 11. Juni 2008). In seinem Fall wurde  die Unterstützung von 660 auf 260 Euro wegen Autobesitzes reduziert und sein  Antrag beim Land Oberösterreich auf bescheidmäßige Feststellung ignoriert. Da "kein Bescheid erlassen wurde, der die  Einschränkung bzw. Entziehung der Grundversorgungsleistungen gegenüber dem  Beschwerdeführer anordnet, sind diese Leistungen weiterhin zu gewähren," so der  VfGH. Die im oberösterreichischen Grundversorgungsgesetz vorgesehene nur auf  Antrag bescheidmäßige Feststellung über Leistungseinschränkungen oder –entzug,  "die lediglich eine ex post-Feststellung ermöglicht, widerspricht offenkundig  dem Gemeinschaftsrecht".
 Die Beschwerde wird vom VfGH dennoch als unzulässig abgelehnt, weil die  tschetschenische Familie nicht durch einen Bescheid in ihren subjektiven Rechten verletzt wurde, obwohl faktisch  die Grundversorgung eingeschränkt wurde. Ihre vermögensrechtlichen  Ansprüche gegenüber dem Land könnte  sie mit einer Klage beim VfGH geltend machen, allerdings nur solange kein  Bescheid verfügt wurde.
 
 Nach diesen beiden Entscheidungen stellt sich die Frage, warum im Fall der  Leistungseinschränkung der § 4 des oö GV-Gesetzes, der die Behörde nur dann zu  einer bescheidmäßigen Feststellung von Leistungseinschränkungen verpflichtet,  wenn eine solche binnen 4 Wochen beantragt wird, einmal als im Widerspruch zu  Gemeinschaftsrecht angesehen wird, im anderen Fall aber nicht.
 
 
 
 Rückfragehinweis:
 Anny Knapp - 
asylkoordination österreich
 tel. 01-5321291-15
 mobil 0688-8284460
 email knapp@asyl.at
 
 
 
 
 
 
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