Niederösterreich verstößt mit der Internierung von Kinderflüchtlingen gegen internationales Recht (PA 29. November 2018)
 „Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“ (Artikel 3 der Kinderrechtskonvention)

„In Niederösterreich werden die Kinderrechte derzeit mit Füßen getreten“ kritisiert Anny Knapp von der asylkoordination österreich die jüngste Maßnahme der Niederösterreichischen Landesregierung.
„Von einer vorrangigen Behandlung des Kindeswohls kann hier keine Rede sein. Minderjährige Asylwerber werden über Anordnung des Landesrates in ein Quartier an der tschechischen Grenze gebracht und stehen dort quasi unter Hausarrest. Das Quartier ist mitten im Nirgendwo (mehr als zwei Kilometer außerhalb des Tausend-Einwohner Ortes Drasenhofen), umzäunt.“
 
Knapp nimmt in ihrer Kritik insbesondere auf den Artikel 37b der 1992 von Österreich ratifizierten Kinderrechtskonvention Bezug: „Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass keinem Kind die Freiheit rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird. Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessenen Zeit angewendet werden;“
 
Einer der Betroffenen berichtete einer österreichischen Bezugsperson über die Umstände seiner Unterbringung: Er dürfe sich nur im Haus frei bewegen und das Areal nicht verlassen. Nicht einmal Besorgungen wie z. B. Zigaretten zu kaufen sei möglich. Selbst in den Garten zu gehen, sei ohne Erlaubnis und Begleitung durch einen Security Mitarbeiter verboten. Außer Karten Spielen gebe es keine Beschäftigungen im Haus.
Es wurde den Bewohnern verboten, mit einem TV-Team, das vor Ort recherchierte, in Kontakt zu treten.
 
Ein anderer Jugendlicher berichtet von maximal einer Stunde „Ausgang“ am Tag. Das reicht nicht einmal, um zu Fuß in das Ortszentrum von Drasenhofen und zurück zu kommen. Ein Fußmarsch dauert laut Google Maps 33 Minuten in eine Richtung.
Es stellt sich die Frage, ob solche Bedingungen nicht den Tatbestand des rechtswidrigen Freiheitsentzugs erfüllen. Seitens der Asyl-NGOs und Bezugspersonen der Flüchtlinge überlegt man, eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. 
 
Laut dem zuständigen Landesrat werden unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge mit rechtskräftig negativem Asylbescheid wie auch Personen, die in anderen Unterkünften „als notorische Unruhestifter aufgefallen sind“, in das Straflager an der tschechischen Grenze verlegt.
 
Die asylkoordination stellt dazu fest, dass rechtlich für diese Gruppe maximal eine Gebietsbeschränkung auf einen Verwaltungsbezirk möglich ist. Eine de facto Internierung ist unter keinen Umständen gerechtfertigt. Durch die Isolierung von ihren bisherigen sozialen Kontakten werde zudem die psychische Gesundheit der Jugendlichen gefährdet.
 Die asylkoordination fordert die niederösterreichische Landesregierung auf, das Quartier umgehend zu schließen und die Jugendlichen zurück in ihre bisherigen Quartiere zu bringen, in denen sie gut betreut waren, Zugang zu Bildungseinrichtungen hatten und über ein soziales Umfeld mit österreichischen Bezugspersonen, wie FreundInnen oder PatInnen verfügten.
„Wir sehen das Kindeswohl in Drasenhofen massiv gefährdet und fordern insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe auf, sofort einzuschreiten“, richtet sich Knapp abschließend an die für die Minderjährigen zuständige Behörde.

Rückfragen: Anny Knapp 01 5321291 15
Herbert Langthaler 0699 10 389 505

 
 
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