asylkoordination fordert Maßnahmen und hofft auf Ankündigung im Regierungsprogramm
Im Zeitraum von Jänner bis Oktober 2019 stellten 845 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) einen Asylantrag in Österreich. Von diesen wurden, wie sich jetzt durch eine parlamentarische Anfragebeantwortung herausstellt, nur 170 zum Verfahren zugelassen. 675 (80 %) Minderjährige stellten somit zwar einen Antrag, kamen aber nicht in das Asylverfahren. Einige durchlaufen eine (von der asylkoordination kritisierte, weil wissenschaftlich zweifelhafte) Altersfeststellung und werden daraufhin für volljährig erklärt, andere haben bereits in einem anderen EU-Land einen Schutzstatus erhalten und wurden dorthin zurück gebracht.
Es bleiben aber immer noch 471  Kinder, also mehr als die Hälfte, bei denen das Asylverfahren eingestellt wurde. Verfahrenseinstellungen erfolgen, wenn sich eine Person „dem Verfahren entzieht oder freiwillig ausreist“. Wo sind diese minderjährigen Flüchtlinge hingekommmen, fragt sich die asylkoordination.
 
Niemand kümmert sich um verschwundene Kinder
„Durch die Stellung des Asylantrags haben diese 845 Kinder klar gemacht, dass sie in Österreich ein Asylverfahren durchlaufen möchten. Jene, die nicht in Österreich bleiben wollen, stellen in der Regel erst gar keinen Asylantrag hier“, stellt Lisa Wolfsegger, UMF-Expertin der asylkoordination, klar
Laut Anfragebeantwortung ergeht bei abgängigen mündigen Minderjährigen (über 14 Jahren) eine Meldung an den Obsorgeträger. Allerdings existiert bei dieser Gruppe (UMF im Zulassungsverfahren) kein Obsorgeträger. Die zuständige Kinder- und Jugendhilfe im Bezirk der Erstaufnahmestellen (Baden) weigert sich, die Obsorge für UMF im Zulassungsverfahren zu übernehmen. So schließt sich der Kreis - um die verschwundenen Kinder kann oder muss sich demnach mangels Zuständigkeit niemand kümmern.
 
asylkoordination begrüßt Plan der neuen Regierung zu Obsorge von Kinderflüchtlingen
Die asylkoordination begrüßt, dass im Regierungsprogramm das Ziel der Verbesserung von „Schutz und Rechtsstellung von geflüchteten Kindern“ festgeschrieben wurde. Insbesondere die „schnelle Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) durch die Kinder- und Jugendhilfe“ muss unverzüglich umgesetzt werden, fordert Wolfsegger. „Unbegleitete Kinder müssen vom ersten Tag an in die volle Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe kommen – inklusive Rechtsberatung.“
Eine lückenlose Aufklärung des Verbleibs der abgängigen UMF ist unbedingt erforderlich. Geklärt werden muss, so Wolfsegger, ob diese Kinder in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben und sich damit in den Schutz eines anderen Staates begeben haben, oder ob sie sie weiter verschwunden bleiben. In diesem Fall muss dringend nach jedem einzelnen Kind gesucht werden. Außerdem ist eine professionelle, kindgerechte Betreuung und Beratung notwendig, damit alle Kinder von Anfang an über ihre Rechte und das Asylverfahren aufgeklärt werden. Der Zugang zu einer unabhängigen Rechtsberatung ist unabdingbar. Mit der Einrichtung einer verstaatlichten Rechtsberatung im Rahmen der beschlossenen BBU bestehe die Gefahr, dass dieser Zugang nicht gegeben ist. Dann bliebe die Ankündigung des Regierungsprogramms einer „Berücksichtigung des Kindeswohls im Asylverfahren“ und „besonderem Augenmerk im Asylverfahren auf UMF“ eine bloße papierene Absichtserklärung.
 
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