asylkoordination erwartet positive Auswirkungen auf österreichische Asylpraxis
"Mit der Praxis unbegleitete minderjährige Flüchtlinge jahrelang in einem Zustand der Ungewissheit zu belassen und ihnen damit Chancen und wichtige Jahre ihres Lebens zu nehmen, sollte nach diesem Urteil Schluss sein”, zeigt sich Lisa Wolfsegger, UMF-Expertin der asylkoordination österreich, über das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erfreut. 
Die Entscheidung vom 14. Jänner 2021 (C‑441/19) stellt an Hand eines dem Gericht vorgelegten Falles aus den Niederlanden klar, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) nur dann abgeschoben werden dürfen, wenn eine geeignete Aufnahmemöglichkeit im Herkunftsland besteht – wenn sich also ein Mitglied ihrer Familie, ein offizieller Vormund oder eine geeignete Aufnahmeeinrichtung um den/die Minderjährige*n kümmert. Außerdem sei eine Rückkehrentscheidung nur möglich, wenn eine Außerlandesbringung “innerhalb kürzester Frist” möglich ist.

Ende einer perversen Logik 
Für die Praxis bedeutet dies, dass unbegleiteten Kinderflüchtlingen ein (zumindest befristeter) Status zuzuerkennen ist, der ihnen Zugang zu Ausbildung und Arbeit ermöglicht.
In Österreich hatten sich, wie Wolfsegger kritisiert, in der letzten Jahren Fälle gehäuft, bei denen über Jugendliche mit einem negativen Asylbescheid eine Rückkehrentscheidung verhängt wurde, eine Abschiebung aber aufgrund fehlender Familie oder staatlicher Strukturen in den Herkunftsländern nicht möglich war. Also wurde gewartet, bis die Jugendlichen volljährig waren um sie dann abzuschieben.
“Diese perverse Logik wurde von dem EuGH-Urteil jetzt endlich außer Kraft gesetzt”, betont Wolfsegger. “Jetzt muss die Anforderung der Kinderrechtskonvention, in jedem Stadium des Verfahrens das Kindeswohl zu berücksichtigen, endlich auch von den österreichischen Asylbehörden umgesetzt werden.” 

Kindeswohl im Mittelpunkt 
Der EuGH sieht dies ähnlich und begründet in einer Presseaussendung das Urteil damit, dass  “Ein solcher Minderjähriger (...) somit in eine Situation großer Unsicherheit hinsichtlich seiner Rechtsstellung und seiner Zukunft versetzt (würde), insbesondere in Bezug auf seine Schulausbildung, seine Verbindung zu einer Pflegefamilie oder die Möglichkeit, in dem betreffenden Mitgliedstaat zu bleiben, was der Anforderung zuwiderliefe, dass das Wohl des Kindes in allen Stadien des Verfahrens zu berücksichtigen ist. Folglich kann gegen den betreffenden Minderjährigen keine Rückkehrentscheidung ergehen, wenn im Rückkehrstaat keine geeignete Aufnahmemöglichkeit zur Verfügung steht.”
Wolfsegger warnt davor, dass die Asylbehörden – wie in der Vergangenheit öfters beobachtet – Asylverfahren bei UMF bis zur Volljährigkeit verschleppen. “Es braucht gerade bei Kinderflüchtlingen zügige Asylverfahren, da auch lange Verfahren die vom EuGH als  unzulässig beurteilte ‘Situation großer Unsicherheit’ verursachen und so dem Wohl des Kindes zuwider laufen.”

EuGH Entscheidung hier
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