Zivilgesellschaft und Wissenschaft: Unverantwortliche Schnellschüsse schaffen Klima der Angst und massive Unsicherheit unter syrischen Geflüchteten
Wien, 03.01.2025 – Die NGO-Plattform asylkoordination österreich und der Verein Freie Syrische Gemeinde Österreichs fordern die politischen Verantwortlichen im Zusammenhang mit den unabsehbaren Folgen des Sturzes von Diktator Assad zur Abkehr von unseriöser Schlagzeilenpolitik und zur Rückkehr zu Sachlichkeit und rechtskonformem Handeln auf.
Lukas Gahleitner-Gertz
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Migrationsforscherin Dr.in Judith Kohlenberger und der Fachärztin für Psychiatrie Dr.in Selma Nassan-Agha berichten Vertreter:innen der zivil-gesellschaftlichen Organisationen über die Auswirkungen der Ankündigungen der Regierungs-vertreter über „Abschiebe- und Rückführungsprogramme“ auf syrische Geflüchtete: „In Syrien wird ein Diktator gestürzt. In Österreich macht sich bei einigen Politiker Freude breit: Nicht über den Sturz des Barbaren, sondern darüber, jetzt Syrer:innen vermeintlich abschieben zu können. Das ist unmenschlich, respektlos und inakzeptabel,“ so Abdulhkeem Alshater vom austro-syrischen Verein.
Mitgliedsorganisationen der NGO-Plattform asylkoordination österreich berichten von massivem Informationsbedarf bei den Betroffenen, den die widersprüchliche und populistische Zickzack-Kommunikation des Innenministers und seiner Behörden ausgelöst habe. Einerseits gibt es laut Behörden nicht ausreichend Informationen zur unübersichtlichen Entwicklung in Syrien um Entscheidungen treffen zu können. Andererseits werden aber Aberkennungsverfahren mit der Begründung eingeleitet, es sei keine politische Verfolgung mehr zu befürchten. „Wer kann erklären, wie das zusammenpassen soll?“ zeigen sich viele Betroffene ratlos.
Das Wechseln von politischem Kleingeld auf den Rücken der Geflüchteten habe Fortschritte, die in jahrelangen Therapien mühsam erarbeitet worden seien, binnen kürzester Zeit zerstört, berichtet die Psychiaterin Dr.in Selma Nassan-Agha aus der Praxis. „Es ist zum Haareraufen: Die Regierung torpediert mit ihren ohnehin nicht umsetzbaren Ansagen ihre spärlichen Integrationsmaßnahmen. Die Verunsicherung über den eigenen Aufenthaltsstatus vor dem Hintergrund der volatilen Lage in Syrien zerstört die wieder aufgebaute Hoffnung und Perspektiven und verursacht erhebliche Kosten.“
Die Vorgangsweise der österreichischen Regierung ist auch aus migrationswissenschaftlicher Sicht kurzsichtig und nicht nachhaltig. „Anstatt populistische Abschiebedebatten zu führen, wäre es sinnvoller, zur Stabilisierung des Landes beizutragen und Syrer:innen eine nachhaltige, freiwillige Rückkehr zu ermöglichen. Gerade weil Österreich eine große syrische Diaspora hat, kann es sich auf europäischer Ebene kooperativ einbringen,“ führt Dr.in Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien aus.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist bereits die Einleitung von Aberkennungsverfahren rechtlich fragwürdig und der allgemeine Stopp von Familienzusammenführungen unzulässig: „Nicht jede Veränderung der Lage in einem Krisen- bzw. Kriegsstaat rechtfertigt die Aberkennung eines Schutzstatus. Rechtliche Voraussetzung ist eine wesentliche und dauerhafte Verbesserung der Lage. Davon kann trotz des Zusammenbruchs der syrischen Armee momentan keine Rede sein, auch der Behördenleiter selbst spricht von einer sehr volatilen Lage. Die Behörde kann also den Beweis für die Verbesserung der Lage nicht erbringen, obwohl sie die Beweislast trifft,“ bemängelt Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination österreich das Vorgehen. Gegen die unzulässige Einleitung von Aberkennungsverfahren gibt es aber keinen Rechtsschutz. Das nütze man nun offensichtlich aus, um Familienzusammenführungsverfahren zu verunmöglichen.
Weiterlesen:
Mitgliedsorganisationen der NGO-Plattform asylkoordination österreich berichten von massivem Informationsbedarf bei den Betroffenen, den die widersprüchliche und populistische Zickzack-Kommunikation des Innenministers und seiner Behörden ausgelöst habe. Einerseits gibt es laut Behörden nicht ausreichend Informationen zur unübersichtlichen Entwicklung in Syrien um Entscheidungen treffen zu können. Andererseits werden aber Aberkennungsverfahren mit der Begründung eingeleitet, es sei keine politische Verfolgung mehr zu befürchten. „Wer kann erklären, wie das zusammenpassen soll?“ zeigen sich viele Betroffene ratlos.
Das Wechseln von politischem Kleingeld auf den Rücken der Geflüchteten habe Fortschritte, die in jahrelangen Therapien mühsam erarbeitet worden seien, binnen kürzester Zeit zerstört, berichtet die Psychiaterin Dr.in Selma Nassan-Agha aus der Praxis. „Es ist zum Haareraufen: Die Regierung torpediert mit ihren ohnehin nicht umsetzbaren Ansagen ihre spärlichen Integrationsmaßnahmen. Die Verunsicherung über den eigenen Aufenthaltsstatus vor dem Hintergrund der volatilen Lage in Syrien zerstört die wieder aufgebaute Hoffnung und Perspektiven und verursacht erhebliche Kosten.“
Die Vorgangsweise der österreichischen Regierung ist auch aus migrationswissenschaftlicher Sicht kurzsichtig und nicht nachhaltig. „Anstatt populistische Abschiebedebatten zu führen, wäre es sinnvoller, zur Stabilisierung des Landes beizutragen und Syrer:innen eine nachhaltige, freiwillige Rückkehr zu ermöglichen. Gerade weil Österreich eine große syrische Diaspora hat, kann es sich auf europäischer Ebene kooperativ einbringen,“ führt Dr.in Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien aus.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist bereits die Einleitung von Aberkennungsverfahren rechtlich fragwürdig und der allgemeine Stopp von Familienzusammenführungen unzulässig: „Nicht jede Veränderung der Lage in einem Krisen- bzw. Kriegsstaat rechtfertigt die Aberkennung eines Schutzstatus. Rechtliche Voraussetzung ist eine wesentliche und dauerhafte Verbesserung der Lage. Davon kann trotz des Zusammenbruchs der syrischen Armee momentan keine Rede sein, auch der Behördenleiter selbst spricht von einer sehr volatilen Lage. Die Behörde kann also den Beweis für die Verbesserung der Lage nicht erbringen, obwohl sie die Beweislast trifft,“ bemängelt Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination österreich das Vorgehen. Gegen die unzulässige Einleitung von Aberkennungsverfahren gibt es aber keinen Rechtsschutz. Das nütze man nun offensichtlich aus, um Familienzusammenführungsverfahren zu verunmöglichen.
Weiterlesen:
- Syrien-Info-Seite der asylkoordination österreich