Yara

Yara wurde auf ihrer Flucht aus Syrien an der türkischen Grenze von ihren Eltern getrennt und erreichte Österreich als 11-jähriges Mädchen – alleine. Sie ist heute 22 Jahre alt und erinnert sich, wie es für sie war, ihre Eltern nach zweieinhalb Jahren der Trennung und Ungewissheit wieder in die Arme schließen zu können.
Trennung an der Grenze ...
Mein Name ist Yara Ali, ich bin 22 Jahre alt. Im Jahr 2014 war ich alleine auf der Flucht nach Österreich, da ich an der türkischen Grenze von meinen Eltern und Geschwistern getrennt wurde. Im Mai 2014 kam ich alleine in Wien an. Ich war damals 11 Jahre alt und hatte in Innsbruck einen Onkel, der mich – nachdem überprüft wurde, ob er tatsächlich mein Onkel ist, von Wien abholte. So begann meine Kindheit in Österreich – leider ohne meine Familie. Mein Alltag bestand zunächst darin, zur Schule zu gehen und mit Freunden Zeit zu verbringen, doch meine Gedanken waren ständig bei meinen Eltern. Ich hatte täglich, stündlich, sogar sekündlich Angst, sie zu verlieren. Manchmal hatten sie keinen Empfang, und so konnte ich wochenlang keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen. Dennoch versuchte ich, mein Leben hier weiterzuführen und mich in Österreich zu integrieren, immer mit der Hoffnung, dass ich meine Eltern eines Tages wiedersehen würde.

... und Wiedervereinigung nach zweieinhalb Jahren
2015 wurde mir subsidiärer Schutz gewährt, was bedeutete, dass ich meine Eltern erst nach drei Jahren nachholen durfte. Doch durch eine Beschwerde gelang es mir, Asyl zu erhalten. Mitte 2016 durfte ich meine Eltern am Flughafen Wien in die Arme schließen. Als ich meine Mutter wieder umarmte, hatte ich das Gefühl, als wäre ich neu auf die Welt gekommen. Die 2,5 Jahre ohne meine Eltern waren für mich jedoch extrem schmerzhaft und mit vielen Herausforderungen verbunden – insbesondere als Kind. Heute lebe ich glücklicherweise mit meiner Familie in Sicherheit in Österreich, und wir sind sehr dankbar dafür. Doch trotz der Wiedervereinigung leide ich bis heute unter starken Traumafolgestörungen, die durch den psychischen Druck und die Ängste entstanden sind, die ich während der Trennung durchleben musste.

Ich frage mich nun: Wenn ich trotz der glücklichen Wiedervereinigung noch immer unter den Folgen dieser Zeit leide – was bedeutet es dann für Menschen, die ihre Eltern oder Kinder nie wiedersehen oder nachholen können? Diese Vorstellung ist unerträglich. Familie bedeutet Sicherheit, Halt und Liebe. Niemand sollte gezwungen sein, ohne seine Liebsten zu leben.