A., H. und F.

A., H. und F. sind drei junge Frauen aus Somalia bzw. Afghanistan, die im Alter von 14 bis 15 Jahren nach Österreich gekommen sind und immer noch auf das Wiedersehen mit ihrer Familie warten müssen, denn die Verfahren sind langwierig und voller Hürden. Stefanie Maczijewski von Tralalobe erzählt uns ihre Geschichte.
Ich möchte euch von drei jungen Frauen und ihren immer noch anhaltenden Familienzusammenführungsverfahren berichten, die ich seit einigen Jahren betreue und begleite. Dies, um einen Eindruck zu vermitteln, wie zäh und langwierig, teilweise scheinbar aussichtslos diese Verfahren sind und welche riesigen Hürden und Herausforderungen sich für so junge Menschen und ihre Familien dabei auftun.
A., H. und F. sind im jungen Alter von 14 bis 15 Jahren allein nach Österreich gekommen, zwei von ihnen aus Somalia, die Dritte aus Afghanistan. Alle drei erhielten zunächst nur Subsidiären Schutz und es verging viel Zeit, bis das BVwG schließlich allen drei Mädchen im Alter von 16 bzw. 17 Jahren Asyl zusprach und somit die Möglichkeit zur Familienzusammenführung überhaupt erst eröffnete.
Während F. mit ihrer Familie in Afghanistan immer in Kontakt war, mussten die beiden anderen ihre Angehörigen nach jahrelanger Trennung erst einmal wiederfinden. Während H. dies selbst wundersamerweise über Facebook gelang, konnte A. tatsächlich über den Suchdienst des Roten Kreuzes und Trace the Face wieder mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in Kontakt kommen. Das sind schon für sich zwei unglaubliche Geschichten.
Während für die Familien von A. und H. in Somalia die Beschaffung von Reisepässen und anderen Unterlagen relativ gut möglich war, erschien dies für die Familie von F. in Afghanistan kaum machbar. Als die Familien aus Somalia in Addis Abeba (Äthiopien) und Nairobi (Kenia) endlich ihre Antragstermine bei der österreichischen Botschaft wahrnehmen konnten (in Somalia gibt es keine Botschaft), sollten noch einige Monate vergehen, bis F.s Angehörige schließlich die teuren Pässe in Afghanistan beschaffen und den beschwerlichen Weg nach Islamabad (Pakistan) auf sich nehmen konnten.
Für alle drei Mädchen war es ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die
Familienzusammenführung mit ihren Eltern ist für Minderjährige nach dem Asylgesetz nur bis zum 18. Geburtstag möglich. Nach den Botschaftsterminen passierte erstmal sehr lange nichts. Gar nichts. Viele Monate lang. Auch das Rote Kreuz, das für Minderjährige das Verfahren betreut und sich um den Kontakt mit der Botschaft und den zuständigen Stellen hier in Österreich kümmert und sehr bemüht, konnte daran nichts ändern.
Irgendwann kam dann für H. die Aufforderung zum DNA-Test für sie und ihre Angehörigen, die Tests wurden gemacht und teuer bezahlt, Ergebnisse lagen vor und dann passierte wieder sehr lange nichts. H.s 18. Geburtstag stand Anfang Juni 2024 an und wir hatten schon nicht mehr daran geglaubt, als Mitte Mai die Aufforderung kam, die Familie möge so rasch wie möglich persönlich bei der Botschaft erscheinen (Mutter und vier jüngere Geschwister), um die Pässe für die Erteilung von Visa D abzugeben. Das heißt für die Visa D für die Einreise nach Österreich! Viele Freudentränen und große Aufregung hier und dort, es wurden Flüge recherchiert und Geld zusammengekratzt, die Familie reiste zur Botschaft und gab ihre Pässe ab.
Und dann kam der Juni 2024 und der Wahlkampf in Österreich und bereits positiv entschiedene Verfahren wurden „zur Überprüfung“ neu aufgerollt. Auch das Verfahren von H.s Familie. Und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits gültige DNA-Tests vorlagen. H. wurde volljährig und nach einem Monat konnte die Familie die Pässe wieder abholen – ohne Visa.
Im Sommer 2024 wurden auch die beiden anderen UMF-Mädchen volljährig, nichts war weitergegangen, noch nicht einmal die DNA-Tests wurden bei ihnen angeordnet. (Was nicht wirklich verwundert, da das BFA die Kosten für die von ihm geforderten Tests nach positivem Abschluss des Verfahrens zurückerstatten muss). Damit war sich also die Familienzusammenführung als Minderjährige nicht ausgegangen, sie wurde verunmöglicht, könnte man auch sagen, „aged out“ nennt das die Behörde. Große Enttäuschung bei den jungen Frauen und ihren Familien. Auch wenn alle wussten, dass es für ehemals minderjährig Geflüchtete mit Asylstatus noch den „Plan B“ gibt, den Familiennachzug nach dem NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) mit erleichterten Bedingungen, war die Verzweiflung erstmal sehr groß.
Dann ging es also weiter bzw. fast wieder von vorne los: Neue Termine für die Antragsstellung mussten über das Rote Kreuz bei den Botschaften angefragt werden, andere Unterlagen mussten beschafft und wieder mussten Gebühren bezahlt werden.
Während die Familie von H. den ersten Antrag noch in Äthiopien stellen konnte, das ihrem damaligen Wohnort näher lag, war für den neuen Antrag nach dem NAG nun ausschließlich die Botschaft in Kenia zuständig. Die ganze Familie reiste nach Nairobi und lebt seitdem dort in höchst prekären Verhältnissen, eine Rückreise nach Somalia war finanziell unmöglich. Auch die Familien von A. und F. konnten nach der ersten Antragstellungen nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Die Familie von A. ist ebenfalls in Nairobi.
Die Eltern und Geschwister von F. halten sich illegal in Pakistan auf und können das Haus, in dem sie derzeit leben, kaum verlassen, der Vater ist noch dazu krank. Sie haben große Sorge, nach Afghanistan abgeschoben zu werden, noch bevor sie die Chance bekommen, nach Österreich auszureisen.
Und wie wird das alles finanziert? Die Anträge, die Unterlagen, die DNA-Tests, das Leben der Familien im Ungewissen? Das fragen wir uns auch immer wieder. Die Familien sind mittellos, nicht mehr in ihren Heimatländern, sie können kaum Arbeit finden und sind völlig abhängig von den Töchtern in Österreich. Die sind selbst fast noch Kinder, gehen zur Schule, arbeiten, suchen Lehrstellen und müssen als Volljährige erstmals in Österreich ihr Leben weitestgehend selbst meistern. Ohne gute Freund*innen, Pat*innen und Unterstützer*innen, die helfen, motivieren, organisieren und auch Geld borgen, wäre das alles unmöglich, auch so ist es kaum zu schaffen.
Bis Ende des Sommers 2024 stellten alle Familien ihre neuen Anträge an den Botschaften und diese wanderten zur zuständigen Stelle der Landesregierung Niederösterreich, da die drei jungen Frauen zu dieser Zeit dort wohnten. Anfang November übersiedelten die Frauen zusammen nach Wien, da die Sozial- und Unterstützungsleistungen für junge Geflüchtete hier deutlich besser sind und die Drei nur in Wien die Chance sahen, ihre Familien weiter zu unterstützen und selbst über die Runden zu kommen.
Damit wanderten die Anträge der Familien auch nach Wien, nämlich zur hier zuständigen MA35, wobei klar war, dass sie hier wieder ganz unten in einem neuen Stapel landen würden. Wieder war Warten angesagt.
Und dann tat sich plötzlich seit Mitte Februar ganz viel: Die MA35 wollte noch einige Strafregisterauszüge, die aus Somalia beschaffbar waren, nicht aber aus Afghanistan sowie Familienbücher, die es in keinem der beiden Länder gibt, wozu das Rote Kreuz aber immer sehr schnelle und klärende Stellungnahmen an die MA35 schrieb. Vor zwei Wochen kam die Aufforderung zum DNA-Test für A., den konnte sie selbst in Wien sofort machen und die Test-Kits für die Familie sind hoffentlich schon auf dem Weg nach Nairobi. Auch für F. hoffen wir, dass die Aufforderung bald kommt, oder im besten Fall der Test vielleicht gar nicht nötig ist.
Und H. und ihre Familie? Gestern kam das E-Mail von der MA35 mit dem Betreff „Info Visum D“ und dem Satz „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass über Ihre Anträge zu Erteilung eines Aufenthaltstitels positiv entschieden wurde.“
Ja, wieder große Hoffnung und Freudentränen, aber auch noch große Skepsis bei H., nachdem die Visaerteilung so kurz vor dem Ziel beim ersten Mal abgeblasen wurde.
Wir sind zuversichtlich, dass diesmal alles glatt läuft und H. ihre Familie, die sie vor sieben Jahren verlassen musste, schon sehr bald endlich wieder bei sich haben kann.
Auch für A. und F. hoffen wir, dass ihre Odyssee bald ein Ende findet und sie auch noch in diesem Jahr ihre Lieben wieder in die Arme schließen können.
A., H. und F. sind im jungen Alter von 14 bis 15 Jahren allein nach Österreich gekommen, zwei von ihnen aus Somalia, die Dritte aus Afghanistan. Alle drei erhielten zunächst nur Subsidiären Schutz und es verging viel Zeit, bis das BVwG schließlich allen drei Mädchen im Alter von 16 bzw. 17 Jahren Asyl zusprach und somit die Möglichkeit zur Familienzusammenführung überhaupt erst eröffnete.
Wiederfinden mit Facebook, Suchdienst und Trace the Face
Während F. mit ihrer Familie in Afghanistan immer in Kontakt war, mussten die beiden anderen ihre Angehörigen nach jahrelanger Trennung erst einmal wiederfinden. Während H. dies selbst wundersamerweise über Facebook gelang, konnte A. tatsächlich über den Suchdienst des Roten Kreuzes und Trace the Face wieder mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in Kontakt kommen. Das sind schon für sich zwei unglaubliche Geschichten.

Während für die Familien von A. und H. in Somalia die Beschaffung von Reisepässen und anderen Unterlagen relativ gut möglich war, erschien dies für die Familie von F. in Afghanistan kaum machbar. Als die Familien aus Somalia in Addis Abeba (Äthiopien) und Nairobi (Kenia) endlich ihre Antragstermine bei der österreichischen Botschaft wahrnehmen konnten (in Somalia gibt es keine Botschaft), sollten noch einige Monate vergehen, bis F.s Angehörige schließlich die teuren Pässe in Afghanistan beschaffen und den beschwerlichen Weg nach Islamabad (Pakistan) auf sich nehmen konnten.
Wettlauf gegen die Zeit
Für alle drei Mädchen war es ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die
Familienzusammenführung mit ihren Eltern ist für Minderjährige nach dem Asylgesetz nur bis zum 18. Geburtstag möglich. Nach den Botschaftsterminen passierte erstmal sehr lange nichts. Gar nichts. Viele Monate lang. Auch das Rote Kreuz, das für Minderjährige das Verfahren betreut und sich um den Kontakt mit der Botschaft und den zuständigen Stellen hier in Österreich kümmert und sehr bemüht, konnte daran nichts ändern.
Irgendwann kam dann für H. die Aufforderung zum DNA-Test für sie und ihre Angehörigen, die Tests wurden gemacht und teuer bezahlt, Ergebnisse lagen vor und dann passierte wieder sehr lange nichts. H.s 18. Geburtstag stand Anfang Juni 2024 an und wir hatten schon nicht mehr daran geglaubt, als Mitte Mai die Aufforderung kam, die Familie möge so rasch wie möglich persönlich bei der Botschaft erscheinen (Mutter und vier jüngere Geschwister), um die Pässe für die Erteilung von Visa D abzugeben. Das heißt für die Visa D für die Einreise nach Österreich! Viele Freudentränen und große Aufregung hier und dort, es wurden Flüge recherchiert und Geld zusammengekratzt, die Familie reiste zur Botschaft und gab ihre Pässe ab.
Wahlkampf
Und dann kam der Juni 2024 und der Wahlkampf in Österreich und bereits positiv entschiedene Verfahren wurden „zur Überprüfung“ neu aufgerollt. Auch das Verfahren von H.s Familie. Und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits gültige DNA-Tests vorlagen. H. wurde volljährig und nach einem Monat konnte die Familie die Pässe wieder abholen – ohne Visa.
Im Sommer 2024 wurden auch die beiden anderen UMF-Mädchen volljährig, nichts war weitergegangen, noch nicht einmal die DNA-Tests wurden bei ihnen angeordnet. (Was nicht wirklich verwundert, da das BFA die Kosten für die von ihm geforderten Tests nach positivem Abschluss des Verfahrens zurückerstatten muss). Damit war sich also die Familienzusammenführung als Minderjährige nicht ausgegangen, sie wurde verunmöglicht, könnte man auch sagen, „aged out“ nennt das die Behörde. Große Enttäuschung bei den jungen Frauen und ihren Familien. Auch wenn alle wussten, dass es für ehemals minderjährig Geflüchtete mit Asylstatus noch den „Plan B“ gibt, den Familiennachzug nach dem NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) mit erleichterten Bedingungen, war die Verzweiflung erstmal sehr groß.
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Dann ging es also weiter bzw. fast wieder von vorne los: Neue Termine für die Antragsstellung mussten über das Rote Kreuz bei den Botschaften angefragt werden, andere Unterlagen mussten beschafft und wieder mussten Gebühren bezahlt werden.
Während die Familie von H. den ersten Antrag noch in Äthiopien stellen konnte, das ihrem damaligen Wohnort näher lag, war für den neuen Antrag nach dem NAG nun ausschließlich die Botschaft in Kenia zuständig. Die ganze Familie reiste nach Nairobi und lebt seitdem dort in höchst prekären Verhältnissen, eine Rückreise nach Somalia war finanziell unmöglich. Auch die Familien von A. und F. konnten nach der ersten Antragstellungen nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Die Familie von A. ist ebenfalls in Nairobi.
Die Eltern und Geschwister von F. halten sich illegal in Pakistan auf und können das Haus, in dem sie derzeit leben, kaum verlassen, der Vater ist noch dazu krank. Sie haben große Sorge, nach Afghanistan abgeschoben zu werden, noch bevor sie die Chance bekommen, nach Österreich auszureisen.

Und wie wird das alles finanziert? Die Anträge, die Unterlagen, die DNA-Tests, das Leben der Familien im Ungewissen? Das fragen wir uns auch immer wieder. Die Familien sind mittellos, nicht mehr in ihren Heimatländern, sie können kaum Arbeit finden und sind völlig abhängig von den Töchtern in Österreich. Die sind selbst fast noch Kinder, gehen zur Schule, arbeiten, suchen Lehrstellen und müssen als Volljährige erstmals in Österreich ihr Leben weitestgehend selbst meistern. Ohne gute Freund*innen, Pat*innen und Unterstützer*innen, die helfen, motivieren, organisieren und auch Geld borgen, wäre das alles unmöglich, auch so ist es kaum zu schaffen.
Übersiedelung nach Wien
Bis Ende des Sommers 2024 stellten alle Familien ihre neuen Anträge an den Botschaften und diese wanderten zur zuständigen Stelle der Landesregierung Niederösterreich, da die drei jungen Frauen zu dieser Zeit dort wohnten. Anfang November übersiedelten die Frauen zusammen nach Wien, da die Sozial- und Unterstützungsleistungen für junge Geflüchtete hier deutlich besser sind und die Drei nur in Wien die Chance sahen, ihre Familien weiter zu unterstützen und selbst über die Runden zu kommen.
Damit wanderten die Anträge der Familien auch nach Wien, nämlich zur hier zuständigen MA35, wobei klar war, dass sie hier wieder ganz unten in einem neuen Stapel landen würden. Wieder war Warten angesagt.
Gute Nachrichten und Hoffnung, dass es endlich klappt
Und dann tat sich plötzlich seit Mitte Februar ganz viel: Die MA35 wollte noch einige Strafregisterauszüge, die aus Somalia beschaffbar waren, nicht aber aus Afghanistan sowie Familienbücher, die es in keinem der beiden Länder gibt, wozu das Rote Kreuz aber immer sehr schnelle und klärende Stellungnahmen an die MA35 schrieb. Vor zwei Wochen kam die Aufforderung zum DNA-Test für A., den konnte sie selbst in Wien sofort machen und die Test-Kits für die Familie sind hoffentlich schon auf dem Weg nach Nairobi. Auch für F. hoffen wir, dass die Aufforderung bald kommt, oder im besten Fall der Test vielleicht gar nicht nötig ist.

Und H. und ihre Familie? Gestern kam das E-Mail von der MA35 mit dem Betreff „Info Visum D“ und dem Satz „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass über Ihre Anträge zu Erteilung eines Aufenthaltstitels positiv entschieden wurde.“
Ja, wieder große Hoffnung und Freudentränen, aber auch noch große Skepsis bei H., nachdem die Visaerteilung so kurz vor dem Ziel beim ersten Mal abgeblasen wurde.
Wir sind zuversichtlich, dass diesmal alles glatt läuft und H. ihre Familie, die sie vor sieben Jahren verlassen musste, schon sehr bald endlich wieder bei sich haben kann.
Auch für A. und F. hoffen wir, dass ihre Odyssee bald ein Ende findet und sie auch noch in diesem Jahr ihre Lieben wieder in die Arme schließen können.