Kritik am VMÖ reißt nicht ab.
Was steckt eigentlich dahinter und warum ändert sich nichts?

 
(asylkoordinaton 22. Mai 2017) Bei der asylkoordination österreich ist man über die Aufmerksamkeit, die dem Verein „Menschenrechte Österreich“ in den vergangenen Wochen zuteil wird, erfreut: „Nach vielen Jahren in denen die asylkoordination und andere NGOs versucht haben den Skandal VMÖ an die Öffentlichkeit zu bringen und bei innerstaatlichen und EU-Behörden ein Eingreifen zu erreichen, tut sich jetzt endlich was,“ kommentiert Herbert Langthaler die jüngste Entwicklung. „Das Bundeskanzleramt überprüft, ob der VMÖ seinem Auftrag in ausreichendem Maß nachkommt.“
Die Frage ist nicht, ob es im Einzelfall zu Fehlverhalten von MitarbeiterInnen des Vereines gekommen ist, sondern ob hier durch den gezielten Einsatz einer so genannten GINGO (governmental initiated NGO) von der EU und der Verfassung vorgegebene Verfahrensgarantien unterlaufen werden sollten.

2011 wurde durch das Innenministerium und das Bundeskanzleramt eine gemeinsame Ausschreibung der Rechtsberatung im Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren durchgeführt. Es sollten mehrere NGOs zum Zug kommen. Da nicht die Qualität, sondern der Preis ausschlaggebend war, erhielt der VMÖ als Billigstbieter den Zuschlag. Die ARGE Rechtsberatung (ein Zusammenschluss aus Diakonie und Volkshilfe Oberösterreich) entschieden sich den Auftrag zu diesen sehr schlechten Pauschalpreis pro Fall ebenfalls anzunehmen, um so zumindest den anderen 50 % der Asylsuchenden einen qualitätsvollen rechtlichen Beistand bieten zu können. Dafür mussten und müssen Diakonie und Volkshilfe erhebliche Summen aus Spendenerlösen zuschießen. Beim VMÖ wird hingegen der (Arbeits-)Aufwand gering gehalten.
Seit Oktober 2016 ist gesetzlich klargestellt, dass die „amtswegige“ Rechtsberatung auf Wunsch des/der KlientIn auch die Vertretung im Bescherdeverfahren beinhaltet. Der VMÖ tut sich damit offensichtlich schwer, weil er es gewohnt war, wenn überhaupt, dann nur in Fällen tätig zu werden, die er für besonders aussichtsreich hielt. Daran hat sich offensichtlich nicht viel geändert: Sehr oft suchen in den Beratungsstellen der NGOs KlientInnen Unterstützung, die erzählen, dass der VMÖ sich geweigert hätte, eine Beschwerde einzubringen. Insbesondere dann, wenn in erster Instanz zwar subsidiärer Schutz, jedoch kein Asyl gewährt wurde. Oft werden, wenn KlientInnen beim VMÖ insistieren, Formalbeschwerden eingebracht, die lediglich einige Sätze umfassen oder es wird überhaupt nur ein vom Klienten in der Muttersprache handgeschriebener Zettel beigeheftet. Das Asylverfahren eines kürzlich nach Kabul abgeschobenen Afghanen wurde deshalb ohne Verhandlung in 2. Instanz negativ abgeschlossen.

VMÖ Chef Günter Ecker wird in der Presse vom 12. Mai zitiert „Wir haben eben einen anderen Zugang. Wir sind nicht der Meinung, dass jeder, der Asyl will auch ein Recht darauf hat.“ Eine Aussage die bei Herbert Langthaler von der asylkoordination Verwunderung hervorruft. „Die Entscheidung, ob jemand Schutz in Österreich erhält, ist und muss den Asylbehörden und den Gerichten vorbehalten sein. Eine Rechtsvertretung hat die Interessen ihrer Klienten zu wahren.
Die EU-Verfahrensrichtlinie verlangt: „… es muss auch sichergestellt werden, dass die Rechtsberatung und -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt und der Antragsteller nicht an der effektiven Wahrnehmung seiner Rechte gehindert wird.“ Die asylkoordination sieht durch die Praxis des VMÖ die Gefahr, dass diese Verfahrensgarantie unterlaufen wird.
 
Eine seriöse Rechtsberatung und Vertretung beinhaltet ein ausführliches Beratungsgespräch, meist unter Beiziehung eines/einer Dolmetschers/in, eine fundierte Recherche zur Situation im Heimatland und das Verfassen einer wirksamen Beschwerde, die sich intensiv mit den Mängeln des zu bekämpfenden Bescheides auseinandersetzt und die rechtlichen Begründungen für einen ablehnenden Bescheid zu widerlegen versucht. In Summe also eine sehr fordernde juristische Tätigkeit, die viel Empathie und Wissen voraussetzt und mehrere Stunden pro Fall in Anspruch nimmt.
Ein weiteres, immer wieder auftauchendes Problem mit dem Verein ist die mangelnde Abgrenzung der unterschiedlichen Tätigkeiten. Der VMÖ bietet ja auch Rückkehrberatung im Auftrag des BMI an und hat dort Zielzahlen zu erfüllen. Vertraglich wäre hier zwar eine strikte Trennung vorgesehen. Es fällt aber auf, dass es immer wieder zu personellen Überschneidungen kommt und Rechtsberatungsgespräche offensichtlich allzu schnell in Richtung „freiwilliger Rückkehr“ abbiegen.
 
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